Von Cartoon bis Caravaggio

19451960198020002020

Gerhard Haderer malt seine Satiren nun à la Caravaggio, in neuem Format und mit neuer Technik. "Think Big!", das Ergebnis, ist ebenso bestechend wie verwirrend - zu sehen im Kremser Karikaturmuseum.

19451960198020002020

Gerhard Haderer malt seine Satiren nun à la Caravaggio, in neuem Format und mit neuer Technik. "Think Big!", das Ergebnis, ist ebenso bestechend wie verwirrend - zu sehen im Kremser Karikaturmuseum.

Werbung
Werbung
Werbung

Ungehorsam gepaart mit politischem Engagement ist offensichtlich seine Lebensessenz, die sich aber auch gerne anderen Lebenskreisen widmet. Beamte, die Religion oder die österreichische Mentalität per se in unzähligen Alltagssituationen bieten ebenso Material für die spitze Feder, respektive den detailverliebten Pinsel von Gerhard Haderer, der seit 1985 die Welt aufs Korn nimmt. Im Karikaturmuseum in Krems wird nun unter dem Titel "Think Big!" die gesamte Palette dessen ausgebreitet, womit der Künstler, der heuer seinen 65. Geburtstag feiert, sein Publikum verwöhnt. Neuerdings eben nicht mehr nur in den kleineren Formaten der Cartoons in Acryltusche, sondern auch in riesigen Ölgemälden.

Caravaggio lässt grüßen, nicht nur was die Detailgenauigkeit angeht, sondern auch die großartige Licht- und Schattenmalerei, das "chiaroschuro", für das der italienische frühbarocke Maler so berühmt war. Caravaggios realistische Bildgestaltung, die Darstellung des Menschen samt seiner Makel - hier ist zweifellos eine gewisse Verbindung zu Haderer zu sehen. Exakter Bildaufbau und Optimierung der Farbeffekte waren ja immer schon sein Markenzeichen.

Gottfried Gusenbauer, Direktor und Kurator des Karikaturmuseums, zeigt sich bei der Eröffnung begeistert, dass Haderer in seinem Haus, als internationale Premiere, mit je einem Großformat zu seinen ganz großen Themen präsentiert werden kann. Er erzählt, dass der Künstler, als er irgendwann voll Bewunderung vor einem Bild des italienischen Malers stand, meinte: "Ein Wahnsinn! Aber das kann ich auch!" Sprach's, und beschloss, seine großen Themen künftig auch in großen Formaten in Öl zu präsentieren. "Think Big!" eben.

Bestechend und verwirrend

Das Ergebnis ist bestechend und verwirrend zugleich, die Ausarbeitung so fotorealistisch wie bei den Cartoons. Jeder Farnwedel, jeder Grashalm ist detailliert gemalt - und es scheinen etwa bei der "Waldlichtung" Millionen Grashalme zu sein. Deswegen kommt das Thema aber nicht intensiver beim Betrachter an als in den Comics, Cartoons oder in den Skizzen und kleinen Fingerübungen im MOFF.

Auch das Flüchtlingsthema ist in den kleineren Formaten präsenter, beim großen Gemälde verliert man sich zu sehr im überdimensionalen Detail der Plastikinsel samt Palme, auf der das Touristenpaar im Wasser dümpelt; die Köpfe der Flüchtlinge, die im Hintergrund zu erkennen sind, werden zu Petitessen. Die "Vorweihnachtliche Herbergssuche auf Lampedusa", bei der ein Boot mit Flüchtlingen am Felsen unter einem Balkon mit Feiernden zerschellt, ist weitaus intensiver.

Die Großformate, die Hinwendung zu Caravaggio unter dem Titel "Das kann ich auch", das Selbstbildnis auf der Parkbank, das alles signalisiert einen Tick Eitelkeit, der subtile Witz ist irgendwie verloren gegangen. Plötzlich sieht man Haderer in einigen Bildern und muss dann doch wieder lachen, wenn er etwa eine "Entschuldigung" im Wiederholungsmodus schreibt: " 1. Ich soll Kinder, Alte, einfache Menschen, Akademiker und Bischof Schönborn nicht verarschen. 2. Ich soll ... 26. Ich ..."

Haderer ist Haderer und versucht eben ständig, neue Ideen auszuloten und umzusetzen.

MOFF ist auch so etwas. MOFF das kleine, feine Schundheftl, MOFF - ein krasses Schlagwort wie "bumm", "bäng" oder Ähnliches, ohne jedweden Sinn. Produziert in der Scherz &Schund Fabrik, in der es vom Klischeerecycling bis zur Austriazismenanreicherung alles gibt, um den Fans monatliches Vergnügen zu liefern. Für Abonnenten gerne "im diskreten Umschlag" ins Postkastl. Oder die Grafic Novel, auch so ein moderner Zug, auf den Haderer aufgesprungen ist. Fred Vargas hat sich darin versucht, Barbara Yelin ebenfalls und Gerhard Haderer hat den Herrn Novak in dieser Version ausprobiert. Es ist gelungen. Ganz zu schweigen von der Adaption für das Theaterstück mit Ferry Öllinger! Nun wartet angeblich die Weltliteratur auf ihre Bearbeitung.

Sehenswert sind auch die Skizzen und Entwürfe, die das zeichnerische Talent Haderers unterstreichen und nach denen nicht nur Bilder entstehen, sondern auch die Handpuppen für die Satiretruppe maschek.

Gerhard Haderer. Think Big!

bis 11. Nov., Karikaturmuseum Krems

tägl., 10 - 18 Uhr

www.karikaturmuseum.at

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung