DEUTSCH-STUNDE
"Worte sind alles. Wir haben nichts anderes", stellt eine Figur in Arthur Schnitzlers melancholischem und selten gespieltem Stück "Das Wort" fest. Ein Stück, das wie ein Endoskop in die Wiener Gesellschaft hineinragte. Kränkendes, Verleumdendes wird so nebenbei hingeworfen, doch einer nimmt sich das leichtfertig Dahingesagte, ja Getändelte so sehr zu Herzen, dass er keinen anderen Weg mehr sieht als den in die Schwärze, den Suizid. Alle sind betroffen, aber verstehen kann es dann doch keiner - denn es waren doch nur Worte.
Worte haben Macht, haben Magie. Der Lebensweg eines Menschen wird wesentlich davon geprägt, ob er in der Kindheit gute Worte bekommen hat. Jedes Aufeinanderzugehen wird vom Wort bestimmt, myriadenfach gebrauchte Liebesworte werden im Moment des Flüsterns erstmalig, neu, sensationell. Das Wort kann faszinieren, verführen, langweilen, töten und aufrichten.
Wenn Wort und Name sich verbinden
Das Wort ist Bestandteil eines unerschöpflichen, unauslotbaren Schatzhauses. Jedes Wörterbuch ist ein Torso, denn die Sprache ist lebendig, ist Ausdruck ihrer Zeit, erfindet sich neu, wird neu erfunden. "Im Anfang war das Wort" - betrachten wir es als ein Geschenk an die Menschheit, als das Instrument, das uns gegeben ist für Neugier und Verständnis, aber auch für Dank und Gebet.
Ein besonderes Wort ist der Name, den die Eltern ihrem Kind geben. Da wird über Monate hinweg gesucht, gefunden, verworfen. Denn der Name kann sowohl die Sehnsucht der Eltern nach dem Wohlergehen ihres Kindes abbilden, als auch zu einem lastenden Auftrag werden. Wie schade, wenn er nur flüchtiger Mode oder idiotischem Einfall geschuldet ist.
Einen weltgeschichtlichen Moment gibt es, in dem sich Wort und programmatischer Name verbinden, in dem die Vergangenheit weit über die Gegenwart in die Zukunft weist: Wenn das ehrwürdige Wort gerufen wird "Habemus papam" und der neue Papst durch die Wahl seines Namens ein Signal gibt, auf das die Welt wartet. Ein Name, der mehr sagen kann als viele Worte
