Von Lissabon bis Tallinn

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Die 25 EU-Staaten müssen der Verfassung zustimmen. Ein Abstimmungsmarathon mit ungewissem Ausgang.

Bisher haben elf EU-Staaten angekündigt, die Bevölkerung über die Verfassung abstimmen zu lassen: Belgien, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Irland, Luxemburg, Niederlande, Polen, Portugal, Spanien und Tschechien. In der nationalen Verfassung zwingend vorgeschrieben ist ein Referendum über die EU-Verfassung nur in Irland.

Spanien will schon im Februar 2005 abstimmen. Ministerpräsident Jose Luis Rodriguez Zapatero hat betont, er wolle mit dem Referendum dem zunehmenden EU-Skeptizismus entgegenwirken. Ebenfalls schon Anfang 2005 sollen die Verfassungsreferenden in den Niederlanden und Portugal über die Bühne gehen. In Belgien will Ministerpräsident Guy Verhofstadt seine Mitbürger möglichst zur selben Zeit wie in Holland zum Referendum bitten. Als drittes Benelux-Land will auch Luxemburg seine Bürger bald befragen.

Das französische Referendum soll September/Oktober 2005 abgehalten werden. Derzeit wird die Verfassungs-Debatte in Frankreich aber von der Frage des EU-Beitritts der Türkei überschattet. Jacques Chirac versucht krampfhaft die beiden Themen auseinanderzuhalten, befürchtet er doch angesichts der Türkei-Skepsis ein Denkzettelreferendum.

Schweden sind Schlusslicht

In Polen will Präsident Aleksander Kwasniewski ein Verfassungsreferendum zeitgleich mit der Präsidentschaftswahl im Oktober 2005 durchführen. Die Verbindung von Referendum und Präsidentenwahlen solle zeigen, "wer für ein Polen als Freilichtmuseum ist, und wer für ein starkes Polen in einem starken Europa", sagte Kwasniewski angesichts der EU-Skepsis einiger Kandidaten.

Der britische Premier Tony Blair lässt sich dagegen Zeit mit dem Volksentscheid, ein Termin Ende 2006 wurde in Aussicht gestellt. Laut einer Eurobarometer-Umfrage unterstützen gerade 51 Prozent der Briten die Verfassung. Nur die Schweden stehen der Verfassung noch kritischer gegenüber. Anders als in Großbritannien plant die dortige Regierung aber kein Referendum. Im EU-Durchschnitt unterstützen 79 Prozent den Verfassungsvertrag, Österreich kommt dem statistischen Mittelwert mit 78 Prozent am nächsten. Die höchste Zustimmung zur EU-Verfassung gibt es in Italien, wo sich 94 Prozent für den Text aussprechen, aber keine Volksabstimmung geplant ist.

Gegen EU-Fleckerlteppich

In Tschechien soll im Juni 2006 zeitgleich mit den Parlamentswahlen über die Verfassung abgestimmt werden. Nachdem die erforderliche Drei-Fünftel-Mehrheit in beiden Kammern des Parlaments weit unsicherer ist, hat sich die Regierung für einen Volksentscheid entschieden.

In Deutschland verbietet das Grundgesetz derartige Referenden. Eine Grundgesetzänderung wäre nur mit einer Zweidrittelmehrheit im Bundestag möglich. Rot-Grün ist dafür, die CDU dagegen, Plebiszite zu so komplexen Vertragswerken wie der EUVerfassung abzuhalten. Bei der bayerischen Schwesterpartei CSU gibt es dagegen durchaus Sympathien für ein Verfassungsreferendum, ebenso bei der FDP.

Definitiv kein EU-Verfassungsreferendum wird es in Zypern, Griechenland und Estland geben. Auch in Slowenien und Finnland wird voraussichtlich kein Referendum stattfinden.

Die Forderung nach einem europaweiten Referendum an einem gemeinsamen Abstimmungstag in allen Mitgliedstaaten scheint politisch nicht umsetzbar zu sein. Auch die österreichische Regierung hat dieses "Alle-zusammen" zur Bedingung für ein Referendum gemacht. Und auch Bundespräsident Heinz Fischer tritt gegen einen "Fleckerlteppich" mehrerer Referenden ein. WM/APA

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