Von moralischen Werten und Kellernazis

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Der Wahlkampf um das Amt des Bundespräsidenten wird von der FPÖ und Barbara Rosenkranz mit voller Härte und einer FPÖ-Kampagne gegen die EU und Ausländer geführt werden. Die Wahl wird nicht am Sieg Fischers, sondern an der Zahl der FPÖ-Wähler gemessen werden. Eine Analyse.

Oft schon in der Geschichte der Politik hat der eine Parteifreund den anderen in den Abgrund gelobt. Die Methode funktioniert so simpel wie ein Dolchstoß – und hat dabei den Vorteil, dass Absicht nicht nachzuweisen ist. So auch in diesem Fall, der vom „Rennen um die Hofburg“ handelt: Dienstag wurde Barbara Rosenkranz von der FPÖ zur Kandidatin gekürt. Nicht, dass die Frau große Aussichten hätte, gegen Heinz Fischer zu gewinnen. Aber wer ihrem Parteichef Heinz Christian Strache zuhörte, konnte den Eindruck haben, der Mann legte es darauf an, seine Kandidatin, mit der ihn abseits des öffentlichen Grinsens eine rechte Rivalität verbindet, mit allen Mitteln zu überfordern.

Ziele und Umfragen

Nach der entscheidenden Sitzung des FP-Vorstandes trat Strache jedenfalls gut gelaunt vor die Presse, um Rosenkranz die Erfolgslatte in selbst für Populisten schwindelerregende Höhen zu schrauben: Bei 35 Prozent der Stimmen werde Rosenkranz „starten“, so Strache. Die Einwände der Kandidatin („Umfragen bestätigen 20 Prozent“), konterte Strache sofort mit: „Es ist auch möglich, dass Fischer die Wahl verliert.“

Vor so viel Zuversicht könnte selbst Ahnvater Jörg erblassen, erreichte er doch niemals auf Bundesebene annähernd einen solchen Wert. Bei Bundespräsidentenwahlen schon gar nicht: In der Geschichte der Zweiten Republik kam die FP-Kandidatin Heide Schmidt 1992 gerade einmal auf 16,4 Prozent, der Diplomat Willfried Gredler 1980 auf 16,9 Prozent. Und nun also Barbara Rosenkranz, die nach Judikatur des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte als dem Dunstkreis von „Kellernazis“ nahestehend bezeichnet werden kann und die für die Abschaffung des NS-Verbotsgesetzes wirbt. Sie soll nun mehr als das Doppelte schaffen, mit dem Argument der zehnfachen Mutterschaft und dem Ruf, eine „rechte Frauenikone mit Nibelungentreue“ (APA) zu sein. Das sagt eigentlich schon sehr viel über das Demokratieverständnis der FPÖ aus und die dortige Einschätzung der österreichischen Wähler.

Unbelastet von solchen Zielvorgaben geht dagegen Amtsinhaber Heinz Fischer daran, sich bestätigen zu lassen. Selbst seine Wahlkampferöffnung am Montag redete er selbst klein, trotz mächtig staatstragender Kernbotschaft: „Unser Handeln braucht Werte“. Mit diesem Slogan und seinem Werben um Menschlichkeit, Frieden in Europa und Gerechtigkeit will sich Fischer von Rosenkranz absetzen.

Der Bundespräsident selbst, aber auch seine Gegnerin versuchen vor allem, durch die ÖVP-Nichtkandidatur heimatlos gewordenes konservatives Stimmvolk an sich zu binden. Davon gibt es, gemessen am Wahlkampf 2004, mehr als genug. ÖVP-Kandidatin Benita Ferrero-Waldner konnte immerhin 1,9 Millionen Wähler gewinnen, nur 200.000 weniger als Fischer.

Allerdings dürften die Meinungsumfragen der kommenden Wochen einen starken Trend unter ÖVP-Wählern zeigen, am 25. April zu Hause zu bleiben und dort zu diskutieren, warum die ÖVP nicht doch Erwin Pröll oder Christine Marek ins Rennen geschickt hat oder warum Ex-EU-Kommissar Franz Fischler nicht überredet werden konnte, das Heimspiel der SPÖ vor der schütteren Kulisse mühsam mobilisierter Wähler zu verhindern.

Risiken für die ÖVP

Der Parteiführung um Josef Pröll kann das Gemaule im Hintergrund zwar noch egal sein. Allerdings nur, solange es der FPÖ mithilfe der Kronen Zeitung nicht gelingt, aus Barbara Rosenkranz eine für die ÖVP-Klientel wählbare Hüterin von Familie, Heim und Herd zu machen. Die „Mutige Mutter“-Kampagne von Hans Dichand weist in genau diese Richtung.

Sollte das Kalkül aufgehen, würde Rosenkranz gegen Fischer zwar immer noch nicht gewinnen, allerdings müsste sich die ÖVP dann ernsthafte Sorgen machen, ob der Farbenwechsel der Wähler nicht auf die Landtagswahlen im Burgenland im Mai und in der Steiermark und in Wien im Herbst übergreift. Meinungsforscher geben der Allianz Kronen Zeitung/Rosenkranz allerdings wenig Chancen. Zu eindeutig ist Rosenkranz selbst innerhalb der FPÖ positioniert. Ihre Auftritte bei traditionellen Sonnwendfeuern und bei Treffen rechtsextremer Politiker zieren die Porträts der Politikerin.

NDP-Verbindungen

Ihr Mann Horst Jakob war Mitglied bei Norbert Burgers NDP. Später wurde seine Wahlliste „Nein zur Ausländerflut“ wegen NS-Wiederbetätigung nicht zur Nationalratswahl 1990 zugelassen. Seine frühere Parteinahme für die Bewegung „Ein Herz für Inländer“ ähnelt dem Motto, mit dem Rosenkranz bei Landtagswahlen in Niederösterreich warb: „UNSERE Heimat für UNSERE Kinder“. Wie sind schließlich auch Sätze wie der folgende zu werten? „Die Gesetze, die in der Natur zu finden sind, sollten der Gestaltung unseres Gesellschaftslebens zugrunde gelegt werden.“

Dass Hans Dichand an Rosenkranz gefallen findet, liegt auch an ihrer EU-Ablehnung, die mit dem Ausländer-Thema die Kernbotschaft im Wahlkampf bilden soll. Als einzige Nationalratsabgeordnete stimmte sie 2005 gegen den von der Krone bekämpften EU-Verfassungsvertrag. Und sie vertritt, wie der Herausgebers der größten Tageszeitung, die Meinung, die Grenzen seien wieder dichtzumachen.

Nicht zuletzt diese Forderungen werden die zuvor als fade abgestempelte Wahl zu einem Thema für internationale Medien machen. Dabei wird weniger der Sieger interessieren als vielmehr die Zahl der Stimmen für die Verliererin Rosenkranz.

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