Von Silbersalz zu Bits und Bytes

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Erstmals wurden im Vorjahr in Österreich mehr Digitalkameras als analoge Fotoapparate verkauft. Auch Fotohandys leisten ihren Beitrag zur Verbreitung der Digitaltechnik, die unaufhaltsam voranschreitet und bald die ursprüngliche Technik abgelöst haben wird. Die Furche geht in diesem Dossier der Frage nach, welche Bedeutung der Fotografie (abgeleitet vom griechischen photos graphos, malen mit Licht) abseits von Kunst und Urlaubsbildern zukommt. Redaktionelle Gestaltung: Claudia Feiertag Die Digitalfotografie ist unaufhaltsam auf dem Vormarsch. Mit den Erfindungen der "Väter der Fotografie" haben die neuen Entwicklungen längst nichts mehr zu tun.

Egal ob in Salzburg, Lima oder Moskau, überall auf der Welt fallen sie auf: Touristen mit in Falten gelegter Stirn, leicht zusammengekniffenen Augen und ausgestreckten Armen, in den Händen kleine rechteckige Kästen mit Computerchips und Speicherkarte. Digitalkameras sind im Vormarsch, ein Blick durch den viel zu kleinen Sucher ist längst nicht mehr nötig, ein kleiner Bildschirm zeigt erst das Motiv, dann das fertige Bild. Die Vorteile gegenüber der analogen Fotografie scheinen die Masse der Hobby-Fotografen überzeugt zu haben. Im vergangenen Jahr wurden in Österreich erstmals mehr digitale als analoge Kameras verkauft. Schon länger wird das Ende der herkömmlichen Fotografie vorausgesagt, nun ist ein erster Schritt in diese Richtung getan: Kodak, einer der weltweit führender Hersteller von Filmmaterial, hat für dieses Jahr die Einstellung der Produktion analoger Kameras in Europa und den USA angekündigt. "Noch gibt es zweieinhalb Millionen Besitzer analoger Kompaktkameras in Österreich, aber wir dürfen uns dem Trend der Digitaltechnik nicht verschließen", stellt Kodak Österreich-Geschäftsführer Christian Wimmer fest. Und Kodak habe eben beschlossen, sich auf diesen Trend zu fokussieren, der die Fotografie von einem chemischen Verfahren zu einem Rechenprozess macht.

Mathematik statt Chemie

Allerdings gebe es für die Hersteller digitaler Kameras noch viel zu tun. In den vergangenen Jahren sei vor allem die Weiterentwicklung der Technik der Digitalkameras im Vordergrund gestanden. Ein immer noch höheres Auflösungsvermögen war der Mittelpunkt des Interesses. Mittlerweile kann ein Amateurfotograf mit normalen Anforderungen die Qualität einer digitalen von einer analogen Aufnahme nicht mehr unterscheiden. "Jetzt ist es notwendig, im Bereich der Benutzerfreundlichkeit aufzuholen." In wenigen Jahren, ist sich Wimmer sicher, werden Farb- und Schwarzweiß-Negative nur noch für wenige interessant sein.

Damit wird die auf chemischen Prozessen beruhende "Lichtmalerei" wieder zu dem, was sie in ihren Anfängen war: ein Nischenprodukt. Denn für das erste langlebige, also nicht sofort verbleichende oder nachdunkelnde Verfahren zur Erzeugung eines Bildes war eine Belichtungszeit von acht Stunden nötig - kaum die richtige Methode für die Massenproduktion von Urlaubs- und Familienfotos. Das Verfahren ist genau 180 Jahre alt und stammt von Joseph Nicéphore Niepce, der Asphalt als lichtempfindliche Schicht verwendete. Der Asphalt wurde in Petroleum gelöst, mit der Lösung bestrich der Franzose Glas-, Kupfer- oder Silberplatten. Nach der Belichtungszeit war der belichtete Teil der Lösung hart, der unbelichtete ließ sich mit einem Lösungsmittel entfernen. Die leeren Stellen wurden graviert oder geätzt. Mit Hilfe der Camera Obscura, einem lichtdichten Kasten mit einem kleinen Loch, durch das das Bild seitenverkehrt ins Innere des Kastens auf die beschichtete Platte gelenkt wurde, gelang Niepce ein Bild seines Arbeitszimmers.

Aber erst die Erfindung von Louis Jaques Mande Daguerre, der sich die Lichtempfindlichkeit des Silberjodids zu Nutze machte, ermöglichte es, Menschen zu porträtieren, da die Belichtungszeit nur noch einige Minuten betrug. Der Franzose gilt noch heute als Erfinder der Fotografie. Allerdings war jedes Bild ein Unikat und nicht, wie für die Fotografie der späteren Jahre typisch, durch Kopie reproduzierbar.

Transparent durch Wachs

Dies gelang erst 1839 dem Engländer William Henry Fox Talbot, der durch eine kleine, mit einer Linse ausgestatten Kamera Papiernegative herstellte, die er anschließend in Wachs tauchte. Dadurch wurden sie transparent und in beliebig viele Positive umkopierbar. Dennoch blieb die Fotografie aufwändig, und nur für reiche Käuferschichten war ein Porträt erschwinglich. Bald wurde jedoch das Verfahren vereinfacht und ein einheitliches Negativformat eingeführt, der Beruf des Fotografen war entstanden. Bereits im Jahr 1862 gab es allein in Wien 90 Fotoateliers. 1888 kam die erste Rollfilmkamera auf den Markt, langsam begann sich die Fotografie als Freizeitbeschäftigung zu etablieren. Bis heute hat sie sich zu einem der am weitesten verbreiteten Hobbys entwickelt. Kaum jemand, der nicht zumindest eine einfache Sucherkamera und wenigstens eine Schachtel mit Erinnerungsfotos an den Urlaub in Jesolo, den 90. Geburtstag von Tante Emma oder die Erstkommunion vom kleinen Neffen besitzt. Kein Wunder also, dass man allein mit der Suchmaschine Google im Internet mehr als 2,8 Millionen Treffer zu dem Begriff "Fotografie" findet.

Aber kaum eines der Milliarden an existierenden Bildern dürfte so wertvoll sein wie das bisher teuerste Foto der Welt: die Aufnahme eines Tempels in Athen, die der französische Erforscher islamischer Architektur, Joseph-Philibert Girault de Prangey, im Jahr 1842 gemacht hat und die voriges Jahr in dem Londoner Auktionshaus Christie's den Besitzer wechselte - für 789.654 Euro.

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