Von Theater, Tod und Leben

Werbung
Werbung
Werbung

Der Festspielsommer neigt sich dem Ende entgegen. In Bregenz ertrank "Carmen" effektvoll im Bodensee, in Salzburg verweigerte "Salome" in Romeo Castelluccis und Franz Welser-Mösts ästhetischer und musikalisch hinreißender Version ihren Tanz und im Thalhof in Reichenau befreiten sich die Frauen der nahezu vergessenen österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach beeindruckend von männlicher Dominanz.

Die Sensation dieses Sommers war jedoch ein mit Schlagzeilen und Fotos auf den Titelseiten gefeiertes Ereignis. Der charismatische Oberösterreicher Philipp Hochmair wagte es mit nur 48 Stunden Vorbereitungszeit, für den erkrankten Tobias Moretti als "Jedermann" einzuspringen. Der Schauspieler riskierte viel - und gewann viel: einen unglaublichen Erfolg und die Spontaneität, die dem Kunstbetrieb immer mehr verloren geht. Der Glaube an Hofmannsthals oft belächeltem Text ermöglichte es ihm. Hochmair sprach von jenem Gefühl der Freiheit, das ihm durch die Erkenntnis bewusst wurde, er könnte jede Sekunde tot sein. Wie schön, dass der Tod in der Literatur und bisweilen auch auf der Bühne und im Film spürbar wird. Im wirklichen Leben ist er medial zwar in der sommerlichen TV-Krimiflut und in den Nachrichten dauerhaft präsent; allerdings in keineswegs wahrhaften, sondern in verkürzten und verfälschten Bildern, Bestandteil unseres täglichen Konsums. Auch wenn man es nicht immer wahrhaben will, hat das Leben nicht nur einen Anfang, sondern auch ein Ende. Nur mit dem Bewusstsein der Vergänglichkeit sind große Gefühle wie Sehnsucht, Leidenschaft und Liebe möglich. Hochmair hat Vergänglichkeit und die damit verbundene Lebenslust bewusst gemacht. Er spielte, wie ein Kritiker schrieb, "einen Lebemann par exzellence". Keine Frage, dass er dabei verletzlich und gefährdet ist. Denn diese Eigenschaften sind die Voraussetzung für Wahrhaftigkeit und Freiheit.

Der Autor ist freier Journalist

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung