Vor dem Bankrott der Medien?

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Selbst wer sich in den letzten Wochen an Weltuntergangs-Szenarien gewöhnt hat, wird erst einmal tief Luft holen: Schon lange vor der Bankenkrise haben die großen Zeitungshäuser der USA dramatisch an Wert eingebüßt. Die Washington Post Co. 40 Prozent seit 2004, die New York Times Co. rund zwei Drittel, der größte Zeitungskonzern der USA, Gannett, über 80 Prozent. Es gibt noch drastischere Fälle: Die Aktien der Sun Times Media Group, der GateHouse Media oder der Journal Register Co., die den New Haven Register und Hunderte kleinerer Zeitungen herausgibt, haben seit Anfang 2007 zwischen 90 und 99 Prozent ihres Marktwertes verloren.

Die Börsianer mögen sich nun fragen: Sind das Kaufkurse? Sie befinden sich damit in guter Gesellschaft vieler branchenfremder Investoren, die "jetzt oder nie" darüber nachdenken, die "einmalige" Gelegenheit zu nützen. Andere haben sich allerdings blutige Nasen geholt. Weshalb wir besser an dieser Stelle auf den todsicheren Geldanlage- oder Geldvernichtungs-Tipp verzichten.

Sinnieren wir stattdessen einen Moment lang darüber nach, was solch eine dramatische, weitgehend vom Internet verursachte Entwertung klassischer Medienunternehmen für den Journalismus bedeutet. Natürlich sind in den überschuldeten Unternehmen Arbeitsplätze gefährdet, viele US-Redaktionen sind heute nur noch halb so groß wie vor ein paar Jahren. Ihre Möglichkeiten, uns gründlich zu informieren oder gar Skandale aufzudecken, als "vierte Gewalt" Regierung, Parlament und Judikative zu kontrollieren, schrumpfen. Nicht eben gute Aussichten für ein demokratisches Gemeinwesen, das auf gut informierte Bürgerinnen und Bürger angewiesen ist. Es besteht die Gefahr, dass populistische Medien ohne "institutionelles Gedächtnis", Spin-Doktoren und populistische Politiker sich die Bälle zuspielen. Wohin das führt, dafür liefern auch die Ergebnisse des Wahlsonntags in Österreich reichlich Anschauungsmaterial.

Der Autor ist Kommunikationswissenschafter an der Universität Lugano.

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