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Der Gesangswettbewerb der Wiener Kammeroper gilt als internationale Börse für den Sängernachwuchs. Heuer feiert das Haus sein 50-Jahr-Jubiläum. Ein Gespräch mit den Direktoren isabella gabor und holger bleck.

Im Jahr 1953 wurde die Wiener Kammeroper gegründet, am 1. August 1954 stellte sie sich erstmals mit einer Inszenierung von Rossinis "Signor Bruschino" im Schlosstheater Schönbrunn der Öffentlichkeit vor, lange bevor sie 1961 als ständige Spielstätte ein Theater am Wiener Fleischmarkt beziehen konnte. Die Förderung junger Talente war dabei das Hauptziel von Hans Gabor (1924-1994), dem Initiator, Gründer und Langzeitdirektor des Unternehmens, ebenso die Wiederentdeckung selten gespielter Werke und die Pflege des zeitgenössischen Musiktheaters. An diesen programmatischen Ideen hat sich im Wesentlichen in der 50-jährigen Geschichte von Wiens "dritter" Musiktheaterbühne - auch unter den Kurzzeitdirektoren Rudolf Berger und Josef Hussek - nichts geändert, wie die stattliche Liste der von der Wiener Kammeroper seit ihrer Gründung aufgeführten Werke belegt (nachzulesen in einer Festbroschüre zur Jubiläumssaison); das Profil des Hauses war aber in der Vergangenheit nicht immer klar umrissen. Mit dieser Problematik sahen sich auch Isabella Gabor und Holger Bleck, die Direktoren der Kammeroper seit 1999, konfrontiert.

Holger Bleck: Wir wussten, was die Kammeroper nicht sein sollte, konnten das Haus quasi nur "negativ" definieren. Wir haben aus diesem Grund eine sehr klare Programmstruktur entworfen, die vier Programmsäulen, auf denen unsere Spielzeiten seither basieren.

Isabella Gabor: Das ist zum einen die zeitgenössische Oper, die unbedingt gepflegt werden muss; von der Operette sind wir etwas abgegangen, haben uns dafür mehr dem Kammermusical zugewandt. Wir zeigen Barockopern und beenden die Spielzeit mit Raritäten aus dem Bereich der Opera buffa. Das ist ein sehr spezielles, exquisites Programmangebot, wie man es sonst in Wien nicht finden wird. Damit ist es uns gelungen, eine Nischenposition zu finden, uns richtig zwischen den beiden großen Theatern Staats- und Volksoper und zwischen den freien Gruppen zu positionieren.

Die Furche: Gerade mit selten aufgeführten Werken tun sich die beiden großen Wiener Opernbühnen oft schwer, ausreichend Publikum zu finden. Die Kammeroper setzt dagegen fast ausschließlich auf Spielplanraritäten: diese Saison begann beispielsweise mit Einaktern von Peter Maxwell Davies ("Mr. Emmet takes a walk") und Isidora Zebeljan ("Zora D."), gefolgt vom Musical "Company" von Stephen Sondheim. Ein Barockfestival bringt ab 19. Februar Werke von Monteverdi, Cavalli und Peri, und auch mit Haydns "L'infedeltà delusa" wird zum Ausklang der Saison ein bei Opernfreunden nicht gerade gängiges Werk geboten.

BLeck: Wir haben einen großen Vorteil gegenüber den großen Häusern: Wir müssen "nur" 300 Plätze füllen. Natürlich ist zeitgenössisches Musiktheater auch in der Kammeroper nicht ausverkauft. Bei 15 Vorstellungen im Schnitt haben wir aber eine Auslastung von durchschnittlich 65 Prozent. Wir schaffen es also, für vollkommen unbekannte Werke und ebensolche Komponisten 3.000 Menschen zu interessieren. Bei der Barockoper liegt die durchschnittliche Auslastung bei 75 bis 80 Prozent und beim Musical sogar bei bis zu 99 Prozent.

Die Furche: Untrennbar verbunden mit der Wiener Kammeroper ist der 1982 erstmals veranstaltete Belvedere-Gesangswettbewerb, der 1995 im Andenken an seinen Gründer in "Internationaler Hans Gabor Belvedere Gesangswettbewerb Wien" umbenannt wurde. Dieser Wettbewerb gilt mittlerweile als die "Wallstreet der Kehle".

Gabor: Für uns ist dieser Wettbewerb das Fenster zur Internationalität. 1982 haben wir klein begonnen, mit 100 Teilnehmern im ersten Jahr. Jetzt sind wir bei etwa 3.000 Teilnehmern angelangt, die weltweit auf allen fünf Kontinenten in über 50 Städten vorsingen. Die besten davon werden ausgewählt, um in Wien an den Ausscheidungen teilzunehmen. Unverändert von Anfang an ist dabei das Prinzip, dass die Jury vor allem aus Intendanten besteht. Geldpreise sind wunderschön - die bekommt man auch hier - aber wichtig für junge Sänger sind vor allem Engagements; genau die werden bei diesem Wettbewerb geboten.

Bleck: Für uns sind die Vorauswahlen fast noch interessanter, weil wir dabei die Sänger als erstes hören. Nach tollen Angeboten durch den Wettbewerb haben wir es natürlich schwerer, da machen wir uns keine Illusionen; wenn wir aber schon vorab Engagements abschließen, können wir Sänger präsentieren, die danach an die Staatsoper, Mailänder Scala, New York City Opera etc. gehen. Die sicherlich wesentlichste Funktion des Wettbewerbs - und der Wiener Kammeroper - ist es, junge Künstler zu fördern, nicht nur Sänger, sondern auch Dirigenten und Regisseure.

Das Gespräch führte Michael Blees.

Barockfestival zum Jubiläum

Im Rahmen eines Barockfestivals in der Jubiläumssaison präsentiert die Wiener Kammeroper ab 19. Februar drei Monteverdi-Werke ("Lamento d'Arianna", "Cambatimento di Tancredi et Clorinda", "Ballo delle ingrate"), ab 30. März Jacopo Peris "Euridice" und ab 17. April Francesco Cavallis "Die Liebe des Apollon und der Daphne". Am 21. und 22. Februar findet außerdem in der Kammeroper eine Tagung der Europäischen Musiktheater-Akademie zum Thema "Kammeroper: Von der Kunst der kleinen Form" statt; international renommierte Referenten und Diskussionsteilnehmer werden bei dieser Tagung erwartet.

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