Warum laufen Politiker?/Das Lustprinzip nicht vergessen

Werbung
Werbung
Werbung

Marathon laufen und Politik haben vor allem eines gemeinsam: Es kann sehr, sehr lange dauern, bis man das Ziel erreicht hat, und es gibt dabei viele Höhen und Tiefen. So wie überhaupt das Leben und damit die Geschichte sich in Wellenbewegungen darstellen. Um lang gesteckte Ziele zu erreichen, benötigt man selbstverständlich Selbstdisziplin, Ausdauer und den Vorsatz, nicht bei den ersten Schwierigkeiten schon aufzugeben.

Aber Marathon laufen ist letztlich auch so etwas wie eine Lebensphilosophie. Es ist der scheinbare Kampf um die ewige Jugend und somit gegen Krankheit und Tod, und sei es auch nur, dass man letztendlich bloß nur gesünder stirbt. Natürlich erzeugt aber auch dieses Streben nach unendlicher Belastbarkeit und sichtbarer Fitness bei vielen Stress und Konkurrenzdenken. Dies ist die beste Garantie, um mit Sicherheit das Ziel nicht zu erreichen.

Auch in derPolitik benötigt man zur Durchsetzung schwieriger politischer Zielsetzungen Kompetenz, Ausdauer, strategische und taktische Sensibilität. Stress, Verkrampfung, persönliches Konkurrenzdenken, Machtfixierung um seiner selbst Willen führen nicht zum Ziel.

Und vergessen wir nicht - es gibt auch noch das Lustprinzip. Was wären das Laufen oder die Politik ohne die vielen spannenden und interessanten Augenblicke, die uns mit so viel Freude erfüllen können! Und wer Freude empfindet, ist letztlich doppelt motiviert. Ein wichtiger Aspekt kommt aber insbesondere beim Laufen noch dazu. Man hat die Möglichkeit, fast in einem meditativen Vorgang sich mit wichtigen Gedanken auseinander zu setzen und sich derNatur zu widmen. Ein Lauf durch einen Wald, auf einen Berg oder entlang eines Flusses geben die Möglichkeit, nicht nur unterschiedlicheVegetationen, die Vielfalt der Tierwelt, sondern auch das Lichtspiel der hoffentlich möglichst oft scheinenden Sonne zu genießen. Das ist ein tiefes und bewegendes Erlebnis. So gesehen ist das Laufen nicht nur ein physisch-körperlicher Vorgang, sondern vor allem auch eine geistige Auseinandersetzung mit der Umwelt, mit sich selbst und mit vielen philosophischen und politischen Fragen.

Als Politiker hat man unzählige Begegnungen mit Menschen, deren Wünsche und Sehnsüchte man sich gerne anhört, die einem aber letztlich doch während eines langen Tages körperlich und geistig fordern. So ist ein Lauf allein in der Natur durchaus ein positiver Ausgleich. Aber auch hier kann das zufällige Treffen mit einem befreundeten Läufer und ein loses Plaudern durchaus zu einem interessanten Gedankenaustausch anregen. Es ist eigentlich kein Zufall, dass immer mehr Menschen laufen und sich der Herausforderung einer Marathonstrecke stellen. Für mich ist es ein fixer Bestandteil meiner Lebensgestaltung geworden.

Der Marathonläufer ist Nationalratsabgeordneter der SPÖ.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung