Gründe, diese Frage zu stellen, gab es in letzter Zeit genug. Ob Facebook Fotos aufgrund zufälliger Namensgleicheit ohne weitere Recherche veröffentlicht werden oder Vermutungen über Schwarzgeldkonten publiziert werden # die Frage drängt sich auf. Was also darf Journalismus? Die erste (und simpelste) Antwort lautet wohl: Das legen die einschlägigen Rechtsvorschriften fest. Doch wir alle wissen, welche Probleme das Medienrecht in Österreich hat, wie gering die Strafen im Verhältnis sind (wenn es denn überhaupt zu Verurteilungen kommt) und wie oft gerade medienrechtliche Urteile den Standards des EuGH hinsichtlich Meinungsfreiheit nicht standhalten. Darüber hinaus gibt es Bereiche, die sich einer nationalstaatlichen Regulierung entziehen, wie z. B in Teilen des Internets. Eine angemessene rechtliche Regulierung ist also notwendige, aber keineswegs hinreichende Bedingung für die Beantwortung der eingangs gestellten Frage. Das haben alle entwickelten Demokratien erkannt und setzen deswegen auf Modelle der Media Governance, die staatliche Regulierung und Selbstregulierung kombinieren. Die Frage was Journalismus darf und was nicht, wird üblicherweise in Ehrenkodizes und in unternehmensspezifischen Richtlinien beantwortet und durch eine beständige Spruchpraxis von Ehrengerichten weiterentwickelt. Und hierorts? Auch wenn man müde werden kann, es zu sagen (oder zu hören): Da tut sich wenig. Der Presserat (durch den Klagsverzicht ohnedies schon problematisch genug) arbeitet noch immer nicht, der Ehrenkodex der österreichischen Presse stammt aus der prädigitalen Ära und die Politik lässt keine Ansätze von Media Governance erkennen, die die Instrumente der Selbstregulierung fordert und fördert. Bei uns gibt es viele gute Gründe nach den (ethischen) Standards von professionellem Journalismus zu fragen, aber eben wenig guten Antworten.
* Der Autor ist Prof. f. Kommunikationswissenschaft in Klagenfurt
