"Was den Wert des Reisens ausmacht, ist die Angst!"

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Urlaub - der Begriff leitet sich vom mittelhochdeutschen Wort für "Erlaubnis" her. So erbaten Ritter von ihren Lehnsherren urloup, um in eine Schlacht zu ziehen. Die Schlacht heutiger Urlauber zielt darauf, Leben ins Leben, Abwechslung und Ablenkung vom Alltag oder Ruhe und Erholung in denselben zu bringen. Aktion und Kontemplation - zwischen diesen beiden Polen ist auch Kurt Luger in seinem Buch Auf der Suche nach dem Ort des ewigen Glücks. Soviel vorweggenommen: Gut 200 Seiten sind zuwenig, den Weg zu diesem Ort letztgültig zu beschreiben, doch für ein beherztes Plädoyer sich auf den Weg zu machen, reichen sie allemal: "Den Tanz mit dem Fremden zu wagen, einen ersten Schritt zu setzen und sei er noch so zaghaft."

Welt und sich entdecken

An den Anfang seiner Glückssuche stellt Luger den uralten tibetischen Mythos von "Shambhala", ein hinter Schneebergen verstecktes Königreich, regiert von erleuchteten Königen, ein Ort des Friedens und des Überflusses, durchdrungen von den Schätzen der Weisheit und des Mitgefühls. Nur nach einem langen Marsch durch öde Wüsten und wilde Berge finden jene diesen Glücksort, die bereit sind, "ihr Herz zu öffnen und das Staunen eines Kindes mit der Weisheit eines vollkommen gereiften Menschen" zu verbinden.

Die Welt entdecken und dabei sich selbst - diese Sehnsucht zahlloser Reisender sieht Luger nirgends mehr verwirklicht als in den Bergen und der Spiritualität des Himalaya. Deswegen - und vor allem auch aus seiner persönlichen Vorliebe für diese Region heraus - verortet der Professor für transkulturelle Kommunikation an der Universität Salzburg seine Studien in diese Gegend. Ohne ihn gefragt zu haben, sei Lugers Arbeit an dieser Stelle so definiert: Er untersucht, wie Menschen einer Kultur mit Menschen anderer Kulturen kommunizieren; und wie Menschen reagieren, wenn sie mit neuen Kulturen konfrontiert sind. Nahe liegend, dass die touristischen Kulturgrenzen-Überschreiter Lugers Forschungsobjekt sind: Doch Touristen bleiben für Luger "immer mehr Suchende als Findende", und das aus dem einfachen, vom Philosophen Mircea Eliade beschriebenen Grund, "weil man einen Ort, an dem man selbst aus dem Rahmen fällt, nicht verstehen kann". Im Sinne des Shambhala-Mythos definiert Luger Reisende auch "als Pilger, die einen Zustand der inneren Freiheit erlangen wollen, von geistiger und seelischer Unruhe, aber auch von Ängsten erlöst". Letzteres deswegen, weil Luger mit Albert Camus den Vorteil einer Reise darin sieht, dabei verletzlicher und angreifbarer zu sein als in der gewohnten Umgebung: "Was den Wert des Reisens ausmacht, ist die Angst."

Luger vergisst in seinem Buch nicht darauf, das Glück der Reisenden getrennt vom Glück bzw. Unglück der bereisten Regionen zu sehen. Auch wenn die Tourismusindustrie anderes vorgaukelt, der Himalaya ist so wie alle anderen Sehnsuchtsräume keine idyllische Traumwelt - dort wie anderswo zeigen sich die Auswüchse schlechter Politik ebenso wie die Härten des täglichen Lebens in alpiner Höhenlage.

Woanders weitersuchen!

Letztlich münden Lugers Tipps für den Glück suchenden Reisenden im Himalaya und überall in Mircea Eliades Ratschlag: "Es gibt ein sicheres Mittel, einer Landschaft oder einem Erlebnis in Asien gerecht zu werden: nämlich nichts Bestimmtes zu suchen. Wenn du Glück hast, wirst du völlig Unerwartetes treffen - wenn nicht, versuche es woanders." Wolfgang Machreich

AUF DER SUCHE NACH DEM ORT DES EWIGEN GLÜCKS

Kultur, Tourismus und Entwicklung im Himalaya. Von Kurt Luger StudienVerlag, Innsbruck 2007, 208 Seiten, geb., € 29,90

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