Was (k)eine Nachricht ist

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Ehrlich gesagt, wussten Sie, was ein Caucus ist? Anfang des Jahres schloss sich eine meiner größten Bildungslücken, als ich erfuhr, dass damit ursprünglich eine Versammlung von Indianerhäuptlingen gemeint war. Heute hingegen wird so die erste Vorwahl zur Kür der amerikanischen Präsidentschaftskandidaten bezeichnet. Und da Iowa, wo der Caucus abgehalten wird, bekanntlich das geheime Zentrum der Welt ist, muss das auch jeden politisch aufgeklärten Menschen auf dem Erdenrund brennend interessieren. Muss es? Natürlich, denn ob ein Senator Huckabee über seine Mitbewerber obsiegt, von denen die meisten ebenfalls eher früher als später in die verdiente Vergessenheit abdanken werden, das ist schließlich von enormer Bedeutung für die Zukunft der Menschheit.

Wie es mit Iowa begonnen hat, geht es daher weiter: Abends sehen wir vereinigten Republikaner und Demokraten im Fernsehen die immer gleichen Berichte von Fähnchen schwingenden, bald blaue, bald rote Hütchen tragenden Leuten, und der 27. Vorbericht auf die Vorwahl von Michigan wird uns neuerlich weismachen, dass ein weltbewegendes Ereignis ansteht. Wenn wir am Morgen über das Ergebnis von Michigan unterrichtet werden, klären uns dieselben Reporter darüber auf, dass wir wieder für den Falschen die Daumen gedrückt haben, aber eh noch gar nichts entschieden sei.

Warum dann das ganze Theater, warum die tägliche Reprise der Reprise, das fortgesetzte mediale Spektakel, warum diese Selbstabdankung der europäischen Medien, denen die Welt auf Iowa, Michigan oder Utah schrumpft? Als wäre es nicht ihre Aufgabe, eine kritische Öffentlichkeit herzustellen, sondern die amerikanische Inszenierung von Politik weltweit zu popularisieren? Nun eben, weil es Theater, Spektakel und Inszenierung ist. Dass wir mit Nachrichten behelligt werden, die keine sind, hat schließlich den Zweck, dass uns die Nachrichten, die welche wären, vorenthalten werden.

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