Weder Zerschlagung, noch Einflussnahme als Vorwand?

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Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird neu definiert, um dem ORF eine zeitgemäße inhaltliche Grundlage zu geben.

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Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird neu definiert, um dem ORF eine zeitgemäße inhaltliche Grundlage zu geben.

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Oppositionelle Reflexe schön und gut. Aber warum muss wirklich jeder Versuch, umfassend über eine unbestritten notwendige Reform des ORF zu diskutieren, in einer Gesprächsverweigerung enden? Als Begründung dient meist, dass die Bundesregierung, namentlich vor allem die FPÖ, sowohl den ORF zerschlagen als auch ihren parteipolitischen Einfluss im ORF erhöhen will. Dass die gleichzeitige Verwirklichung dieser beiden Ziele unmöglich ist, scheint niemanden zu stören.

Ausgeprägte selektive Wahrnehmung zum Schutz vorhandener Eigeninteressen im ORF darf aber kein Grund sein, den Dialog über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich zu verhindern. Außerdem: Wie sich diese Hüter die weitere Entwicklung des ORF vorstellen, ist weniger ihren Konzepten zu entnehmen als vielmehr regelmäßigen Presseaussendungen, in denen die Frage der ORF-Reform auf eine simple Personaldebatte reduziert wird. Als ob Österreich Tschechien wäre und der ORF vergleichbar mit CT! Nur zur Erinnerung: Der Austausch der gesamten ORF-Spitze war der SPÖ unter Bruno Kreisky vorbehalten und der letzte Aufschrei der Personalvertretung gegen Postenschacher ist 1999 wegen einer "besonders plumpen und rücksichtslosen" SP-Intervention erfolgt. Anstatt von dieser Regierung die Vorgangsweise zu erwarten, die man selbst an den Tag gelegt hat, sollten die Fakten beurteilt werden.

Und die sprechen eine andere, moderne Sprache. Zur Vorbereitung der Reform werden transparente Grundlagen geschaffen, sowohl von der Bundesregierung als auch vom ORF-Kuratorium. Technische Grundlagen durch Fachgutachten, inhaltliche durch eine Enquete zur Neudefinition des öffentlich-rechtlichen Auftrags und wirtschaftliche durch eine genaue Analyse der Prüfberichte des ORF. Allesamt Grundlagen, die wesentlich für die Neuorientierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich sein werden. Darüber hinaus wird der ORF - trotz der Schnurre vom kompetitivsten Markt Europas - in den nächsten Monaten bekommen, was in allen anderen Staaten Europas zu einer ersten tiefen Sinnkrise des öffentlich-rechtlichen Fernsehens geführt hat: echte private Konkurrenz, via Hausantenne empfangbar.

Wer bei diesen Herausforderungen die diskutierte privatwirtschaftliche Ausrichtung des ORF als Privatisierung und damit Zerschlagung interpretiert, will nicht verstehen, dass auch im ORF die Zeiten vorbei sind, in denen Kaufmännische Direktoren dafür zu sorgen hatten, dass ausreichend Finanzmittel zur Verfügung stehen und nicht dafür, dass die vorhandenen Mittel möglichst sparsam und effizient eingesetzt werden. Es ist entlarvend, wenn die Warner vor einer angeblichen Machtübernahme der Bundesregierung im ORF andere europäische Regierungen als Vergleich bemühen, weil diese direkte Zuschüsse an ihre öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten leisten. Man möge sich nur Presseaussendungen vorstellen, wenn Österreichs Regierung nicht bereit wäre, die bei einem derartigen Modell vom ORF gestellten finanziellen Forderungen in vollem Umfang zu erfüllen.

Was wird sich durch die ORF-Reform ändern? Der öffentlich-rechtliche Auftrag wird neu definiert werden, um dem ORF eine zeitgemäße inhaltliche Grundlage zu geben. Und die Struktur des ORF wird an den neuen Auftrag angeglichen. Dadurch sowie durch die schon beschriebene privatwirtschaftliche Ausrichtung soll die wirtschaftliche Unabhängigkeit des ORF und seine journalistische Unabhängigkeit langfris-tig sichergestellt werden. Die Reform wird - wie bei den bisherigen Mediengesetzen der Bundesregierung - in aller Öffentlichkeit geführt werden. Es wird Zeit, dass auch die Kritiker der Regierung in den Dialog über die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Österreich eintreten. Vorurteilsfrei, abseits von Partikular-interessen und in aller Öffentlichkeit.

Der Autor ist Medienexperte der FPÖ.

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