Weibliche Wissenschaft

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Historisch ist sie erst spät in Szene getreten, und ihren Weg in das akademische Feld musste sie zunächst als Autodidaktin finden: Erst 1878 durfte sie bei einer Uni-Vorlesung "Gasthörerin" sein. 1897 ließen sie die Universitäten in Wien, Graz und Innsbruck zum Studium an der philosophischen Fakultät zu, ab 1900 auch zur Medizin. Weitere Fakultäten folgten im Lauf der Jahrzehnte. Doch ihr Weg sollte kein leichter sein. Nicht nur institutionelle Barrieren und gesetzliche Bestimmungen, auch ideologische Vorbehalte und plumpe Vorurteile blieben für sie ein Hemmschuh, um an den Unis Fuß zu fassen. Auch in der Zweiten Republik: Nach dem geistigen Kahlschlag durch den Nationalsozialismus musste eine weitere Wissenschaftsgeneration von Frauen ihren Platz erkämpfen. "Die langen Schatten, die antifeministische und antisemitische Vorbehalte bis in die späte Nachkriegszeit geworfen haben, haben die Wissenschaftskultur in Österreich nachhaltig geprägt", so die Gender-Forscherin Brigitta Keintzel, die mit Ilse Korotin ein Lexikon heimischer Wissenschafterinnen (2002) herausgegeben hat. Der nun erschienene Nachfolgeband "Biografien bedeutender österreichischer Wissenschafterinnen"(Böhlau Verlag, 2018) legt den Fokus auf die Zeit nach 1945 und umfasst circa 300 neue Biografien.

Eine Einzelkämpferin ist die Frau in der Wissenschaft meist geblieben. Auch heute ist ihr Bemühen, eine den Männern ebenbürtige Position zu erlangen, ein hoch emotionales Thema. Im universitären Bereich liegt der Frauenanteil bei rund 43 Prozent, in der industriellen Forschung bei nur 16 Prozent. Der Anteil der Professorinnen ist seit dem Jahr 2000 von sechs auf 22 Prozent gestiegen. Neben gesetzlichen Vorgaben scheint gerade das Schaffen weiblicher Vorbilder wichtig, um ihren Platz in der Forschungslandschaft zu stärken. Lise Meitner ist ein solches "Role Model": Vor 70 Jahren ist die Physikerin als erste Frau in die Österreichische Akademie der Wissenschaften aufgenommen worden. Durch ihre jahrzehntelange Zusammenarbeit mit dem Chemiker Otto Hahn wurde sie zur Mitentdeckerin der Kernspaltung; der Nobelpreis dafür ging jedoch allein an Hahn. Knapp, aber deutlich hat sie ihre Begeisterung für die Naturwissenschaft ausgedrückt, exemplarisch für die hartnäckigen Pionierinnen der Forschung: "Herzlich liebe ich die Physik. Ich kann sie mir schwer aus meinem Leben wegdenken. Es ist so eine Art persönliche Liebe, wie gegen einen Menschen, dem man sehr viel verdankt."

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