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Wenn Qualitätswinzer und Baukultur sich treffen: Wiener Ausstellung dokumentiert einen Boom.

Das Centre Pompidou zeigte 1988 die Schau "Châteaux Bordeaux". Von Frankreich und dem kalifornischen Napa Valley aus eroberte der Weinarchitektur-Boom die Welt, Stararchitekten planen die Prestigegüter der Wein-Elite. Christian Moueix beauftragte Herzog & de Meuron: die Dominus Estate Winery mit der Basaltbrocken-im-Drahtgitter-Fassade wurde zur Ikone.

Die Kombination Wein und Architektur fand auch hierzulande fruchtbaren Boden und in den kleinen, gewachsenen Betrieben ihre eigene Ausformung. Seit den frühen 90ern zieht sie in hoher Dichte eine stets wachsende Spur vom Weinviertel übers Burgenland bis in die Weststeiermark. Das ArchitekturZentrumWien ortete ein "Silikon Valley des Weins" und zeigt die baukulturelle Ernte. Die Kuratorinnen Martina Grabensteiner und Kerstin Gust fanden etwa 70 Projekte mit ersten Ablegern in Italien, Slowenien und Ungarn, die Marion Kuzmany süffig-blumig beschrieb.

Weinskandal als Auslöser

Als heilsamer Schock traf 1985 der Weinskandal die Winzer, beschleunigte den sich anbahnenden Generationswechsel, führte zum weltweit strengsten Weingesetz und zur Schubumkehr von Masse zu Klasse und Spitzenqualität. Avancierte Produktionstechnologien erforderten neue Räume, das Edelkonsumgut Wein ein entsprechendes Ambiente zu stilvoll zelebriertem Degustieren und Kaufen, eu-Fördergelder verstärkten den Drang zu Architektur mit Anspruch. Sie wurzelt wie die Rebe in der Landschaft: Viola Stifter und Herwig Mayer gestalteten die Schau als künstliche Hügeltopografie aus betongetränkten Spanplatten, die sich in zwei Spiegeln scheinbar endlos fortsetzt. Glasunterleuchtet präsentiert sich darin jeder Bau mitsamt imageträchtig etikettierter Flasche. "Jeder Winzer baut so, wie er Wein macht," sagt Dietmar Steiner. "Die Weinkultur ist ein spannend erfahrbarer Einstieg zur Architektur." Anfangs legten u.a. Helmut Hempel & Franco Fonatti, Werner Schüttmayr und der burgenländische Speziallokalmatador Anton Mayerhofer die Basis zur funktional-typologischen Bewältigung der Bauaufgabe, deren Spektrum mit expandierendem Erfolg vielgestaltig wuchs.

1998 bettete Schüttmayr dem Weingut Neumeister einen abgetreppten Betonbaukörper in den Hang, wodurch die Reben schonend der Schwerkraft folgend verarbeitet werden können, das Interieur plante Andreas Burghardt, den Pavillon die "Ingenos", Schlafgut und Restaurant komplettieren derzeit das Gut. Mit zwei edelpuristisch schwarzen Quadern und leuchtendem Eye-catcher-Fenster krönte Burghardt die alten Keller des Weinguts Loimer. Mit schlichter Eleganz besticht das holzlattenverkleidete Presshaus des Weinguts Lackner-Tinnacher, das Rolf Rauner bis ins Detail präzise in die Natur setzte. Einen schicken Betonbau entwarfen gerner°gernerplus dem Marketingtalent Leo Hillinger: wie ein Cockpit mit Riesepanorama-Glas thront der Präsentationsraum auf dem Joiser Hügel namens "Hill 1".

Gebaute Weinphilosophie

"Winzer sind sehr spezielle Bauherren. Jeder hat seine eigene Weinphilosophie, die er umsetzen will", sagt Grabensteiner. Mit Partner Norbert plante die g2plus-Architektin u.a. das Weingut Polz um. Am Flachdach des Zubaus am Fuß der Weinberge wachsen die Reben weiter, die natursteingefasste Fassade ist ein Lichtkörper aus gestapelten Weinflaschen hinter Glas. Ein biederes 50er-Haus möbelten g2plus zu weinaffinen Appartements auf, im schrägen "Krokodil"-Profil des Weinguts Schilhan zeigt sich das Elvis-Faible des Winzers.

Auch Stararchitektur gedeiht im "Loisium" zwischen heimischen Reben: Steven Holl plante den gekippten, alufacettierten Quader mit flaschengrünen Glasschlitzen, die im hohen, korkigen Inneren Stimmung machen und abstrahiert das alte Kellerlabyrinth abbilden. Steiner Sarnen inszenierte es lichttechnologisch zu mystisch-sinnlich aufgeladenen Kellerwelten. Was die Hügel sonst noch bergen, muss man selbst sichten.

Wein.Architektur. Vom Keller zum Kult

ArchitekturZentrumWien

Museumsplatz 1, 1070 Wien

Bis 6. 2., tägl. 10-19, Mi 10-21 Uhr

Info: www.azw.at

Coverthema im neuen Heft des Kunstmagazins Parnass ist "Kunst + Wein"

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