Weltuntergang à la "Spiegel"

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Komet Trump rast auf die Erde: So reagiert der Spiegel auf die Wahl des US- Präsidenten. Wer solch ein Titelbild allein nicht versteht, dem hilft die Schlagzeile: "Das Ende der Welt (wie wir sie kennen)".

Kaum eine Aufmachung der in ihrer bald 70-jährigen Geschichte oft kontrovers agierenden Zeitschrift hat mehr Staub aufgewirbelt. Dabei wirkt es in deutscher Medienlogik am wenigsten überraschend, dass Kay Diekmann als Herausgeber der Bild kritisiert: "Wer schreibt am lautesten Weltuntergang?" Europas stärkstes Magazin und größte Zeitung sind Gegenpole. Folglich versprüht im Gegensatz zum Nachrichtenblatt der Boulevardtitel am Tag danach lockeren Optimismus: "Wir schaffen auch den!"

Doch der extreme Pessimismus aus Hamburg zieht mehr als die rhetorische Beruhigungspille aus Berlin. Selten noch wurde das Cover eines Papierprodukts derart häufig via Facebook und Twitter verbreitet. Seine Originalität wird allerdings kaum hinterfragt. Der kleine, feine Cicero, ein weltanschaulich anders orientiertes Magazin für politische Kultur zeigt auf seiner November-Ausgabe die amerikanische Freiheitsstatue auf dem mythologischen Stier Europa in den Sonnenuntergang reitend: "Der letzte Ritt -Das Ende des Westens, wie wir ihn kannten" erschien vor dem Spiegel.

Dass das Wochenblatt den täglichen Trump-Alarmismus zum gesellschaftlichen Exitus übertreibt, ist mehr Marketing als Journalismus und dadurch ein Teil statt die Lösung des Problems: Der Boulevard auf dem Titel entwertet 57 Seiten Information, Analyse und Meinung zur US-Wahl im Inneren des Heftes. Unterdessen vollzieht sich allerorten die Glaubwürdigkeitseinbuße von Medien ähnlich rasant wie der Vertrauensverlust von Politik.

Die negative Aufmachung des Spiegel entspricht eher der internen Stimmung als dem externen Thema: Erstmals gibt es dort 35 betriebsbedingte Kündigungen.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst

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