Weltuntergang auf römisch

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In der Antike war die Subura das Rotlichtviertel und die Wohngegend der Armen in Rom. Viel schlimmer scheinen die Zustände freilich heute zu sein, denn Stefano Sollima legt seine Verfilmung von Carlo Boninis und Giancarlo de Cataldos gleichnamigem Roman als Countdown auf die Apokalypse hin an. Gleichsam ein Gegenstück zu Paolo Sorrentinos glanzvollem "La grande Bellezza" ist "Suburra" damit, denn wohl noch nie zeichnete ein Film ein so düsteres Bild der italienischen Hauptstadt. Statt Sonnenschein sind schwere Gewitter mit sintflutartigen Regengüssen an der Tagesordnung und mit der Handlungsspanne von sieben Tagen, datiert auf den November 2011, wird gezielt der göttliche Schöpfungsbericht auf den Kopf gestellt.

In einer furiosen, rund halbstündigen Exposition verknüpft Sollima mit einer virtuosen Parallelmontage etwa ein halbes Dutzend Erzählstränge. Der Bogen spannt sich von einer Entscheidung des Papstes über einen korrupten Politiker, der durch den Tod einer Prostituierten erpressbar wird, und Gangstern, die am Strand von Ostia den Besitzer eines Restaurants brutal ermorden, bis zu einem alten Mafia-Paten, der Pläne für ein großes Bauprojekt mit Hilfe von Kirche und Politik umsetzen möchte.

Unglaublich kraftvoll ist dieser Auftakt, besticht durch ein Gespür für starke Cinemascope-Bilder, die nur auf der großen Leinwand ihre Wirkung entfalten, und entwickelt durch Farb-und Lichtsetzung sowie einen treibenden Elektrosound eine dichte Atmosphäre und hohe Spannung.

Kraftvolles Kino à la Scorsese

Erst langsam gewinnt man nach diesem fulminanten Beginn einen Überblick über die Zusammenhänge, temporeich geht es aber die gesamten 130 Minuten weiter. Da gibt es eine spektakuläre Schießerei in einem Einkaufszentrum ebenso wie eine kurze Verfolgungsjagd oder brutale Mordanschläge. Meisterhaft verankert ist der Film auch in den unterschiedlichen Milieus: vom Luxushotel über die Sozialsiedlung, in der eine zu Königen eines Viertels aufgestiegene vielköpfige Roma-Familie wohnt, bis zum Parlament und dem Vatikan.

Sollima ist sicher kein Mann der leisen Zwischentöne, doch die Inbrunst, mit der er erzählt, lässt über die klischeehafte und oberflächliche Zeichnung der Figuren hinwegsehen. Man spürt in jeder Szene die Leidenschaft des Regisseurs, durch die "Suburra" einen solchen Drive entwickelt, dass man sich diesem wuchtigen Mafia-Thriller nicht entziehen kann.

Sozialkritik wird zwar geübt und Anspielungen auf den Rücktritt des Papstes und der Berlusconi-Regierung fehlen nicht und auch das gewaltige Bauprojekt bei Ostia, bei dem alle mitmischen wollen, hat ein reales Vorbild, doch in erster Linie ist dies süffiges und packendes, erstklassig gecastetes Kino im Stil eines Michael Mann oder Martin Scorsese.

Suburra

I/F 2015. Regie: Stefano Sollima. Mit Pierfrancesco Favino, Jean-Hugues Anglade, Greta Scarano. Thimfilm. 130 Min.

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