Wenn einen der Laufvirus packt

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25. März 1984: In Gedanken stehe ich wieder auf dem Rathausplatz und höre den Startschuss zum ersten Wien-Marathon, der auch mein erster Marathon ist. Bisher habe ich höchstens 25 Kilometer in einem absolviert. Doch als ehrgeiziger Chefredakteur der gerade - gemeinsam mit dem heutigen "Standard"-Geschäftsführer Hans-Peter Schmidtbauer - gegründeten Zeitschrift "Marathon" bin ich entschlossen, irgendwie durchzukommen. Für Ende März wird es ein sehr heißer Tag, aber nach 4:02 Stunden habe ich es geschafft. Nach der ersten Erschöpfung ist bald wieder der Ehrgeiz da: Das müsste doch um einiges schneller gehen.

Und es geht auch schneller: ein Jahr später um rund 35 Minuten, wobei ich stolz vor dem ehemaligen Fußball-Internationalen Norbert Hof ins Ziel sprinte, zwei Jahre später, beim eiskalten Wien-Marathon 1986, mit meiner bleibenden persönlichen Bestzeit von 3:19 Stunden. Insgesamt bedeutet das wie für die meisten Marathon-Teilnehmer "ferner liefen", bestenfalls gehobenes Mittelfeld, aber es sind kleine Erfolgserlebnisse, messbare Steigerungen der eigenen Leistung, Siege über sich selbst.

Natürlich hebt dergleichen das Selbstwertgefühl, sicher auch bei Prominenten, die kaum nur aus Reklamegründen an Marathons teilnehmen. Ins Rampenlicht drängen ja bei Marathons viele: Es gibt Läufer, die gar nicht den Marathon laufen, aber auf der Ringstraße diverse Prominente - oder die bestplatzierten Damen, weil sie mit denen gerade noch mithalten können - ein Stück begleiten, um ins Fernsehen zu kommen.

Emil Zatopek, der Lauflegende aus der einstigen Tschechoslowakei, wird der schöne Satz "Vogel fliegt, Fisch schwimmt, Mensch läuft" zugeschrieben. Aber so natürlich Laufen im Grunde sein mag, ist es heute noch selbstverständlich, sich der Freude an der Bewegung auf zwei Beinen, womöglich durch eine schöne Landschaft (mein Trainingsgebiet ist meist der Lainzer Tiergarten), hinzugeben?

Wenn man aber einmal ernsthaft und regelmäßig mit dem Laufen begonnen hat - und das heißt mindestens dreimal pro Woche mehr als eine halbe Stunde -, kann Laufen zur Sucht werden. Viele wollen dann auch wissen, wo ihre Grenzen liegen, dehnen die Dauer des Trainings, die Länge der Strecken aus, suchen auch den Vergleich im Wettkampf und stellen fest, dass Laufen euphorische Gefühle auslösen kann. Meine Erfahrung: Regelmäßiges Laufen ist sicher gesund, Marathonläufe sind es zwar eher nicht, aber so reizvoll, dass sie bisweilen in ein Läuferleben gehören.

Natürlich kommt auch für den ehrgeizigsten Trainierer irgendwann - alters- oder auch verletzungsbedingt - der Rückschlag: Stagnation oder Verschlechterung der Leistung. Wer wirklich vom Laufvirus befallen ist, wird unverdrossen weiterlaufen. ski Nächste Woche lesen Sie im Dossier: Banken und Globalisierung * Können sich Österreichs Banken gegen die weltweite Konkurrenz wehren?

* Internet-Banking * Kommt die Treue zu einer einzigen Bank aus der Mode?

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