Wenn Einfälle Realität werden

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Unser Lektorix des Monats.

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Täglich serviert uns die Welt fertige Bilder, die sich andere ausgedacht haben: im Fernsehen, im Internet, auf Plakatwänden. Man kann aber auch welche hinzufügen, die im eigenen Kopf entstanden sind. Wie das geht, zeigen uns Heinz Janisch und SDoren Jessen - ein österreichisch-dänisches Duo, bei dem nicht nur die Anfangsbuchstaben optimal zusammenpassen - in ihrem neuen Bilderbuch: Da sitzen zwei Jungen auf einer Bank, und einer sagt ein Wort wie "Jumbojet", und das genügt schon, um ein riesiges Flugzeug vor den beiden auftauchen zu lassen. Dann donnert ein Mega-Zug vorbei, schwingen Cowboys ihre Lassos, ein Segelschiff lädt mit leuchtenden Segeln zum Mitfahren ein, eine Turboschnecke ist mit Düsenantrieb ausgestattet. Und dazwischen taucht ein meerblauer Elefant oder ein Luftwal auf, schwarz wie eine Gewitterwolke.

Wie Pingpong-Bälle spielen sich die beiden Jungs ihre Einfälle zu, springen fröhlich von einer Assoziation zur nächsten, und alle werden zur erlebten und lebendigen Realität. Unmittelbar auf Verbalisierung und Visualisierung folgen Reaktionen und Kommentare: Dem Elefanten wird applaudiert, vor den Lassos der Cowboys muss man sich ducken und beim Anblick des feuerroten Sportwagens seufzen beide.

Atmosphäre, Witz, Bewegung

Was man für diese Gedanken-Reise voller kleiner und großer Wunder braucht, ist nicht Raum, sondern Zeit. Und die haben die Kinder: "Dann blieben wir gemütlich auf der Bank sitzen und warteten, bis unsere Eltern vor uns standen." Das unterscheidet sie von den Erwachsenen - bei deren Vorstellung wird es so abenteuerlich wie bei blauen Elefanten oder Schnecken mit Düsenantrieb: "Unsere Eltern. Zu Fuß. Halbwegs entspannt." Und das Bild zeigt Menschen, tief gebeugt unter der Last riesiger Uhren. Die Illustrationen ergänzen und erweitern den Phantasieraum des Autors, verleihen den Szenarien Atmosphäre, Witz, Bewegung. Dabei brauchen Autor wie Illustrator, beide Meister der künstlerischen Reduktion, nur wenig Text, wenig Bilddetails, um diese Hymne auf Kreativität und Phantasie zu einem homogenen, dichten Ganzen werden zu lassen. Manchmal ist weniger mehr, und manchmal braucht man, um eine schöne Zeit zu verbringen, wirklich nicht viel: Einen Freund, mit dem man sich Sachen ausdenken kann, oder ein Bilderbuch, das einen dazu verlockt, genau das zu tun. Man muss sich diese Zeit nur nehmen.

Jumbojet

Von Heinz Janisch Illustr. von SDoren Jessen Bajazzo 2009 32 S., geb., e 13,90

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