Wenn es rote Rosen auf die Bühne regnet

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Zum Abschluss des ifestivals der idance company, der Tänzer mit Down-Syndrom angehören, wurde im Burgtheater-Kasino das Projekt "Im Namen der Liebe“ mit Peter Turrini gezeigt.

Am 21. März fand zum siebten Mal der Welt-Down-Syndrom-Tag statt. Das Datum steht symbolisch für die Tatsache, dass bei Personen mit Down-Syndrom das 21. Chromosom dreifach vorhanden ist. Doch nicht nur innerhalb von 24 Stunden, sondern ganze zweieinhalb Wochen wurde im Rahmen des ifestivals diskutiert, gelesen, getanzt und gefeiert. Das "i“ steht dabei für Integration, Inklusion und das individuelle Ich, denn neben wichtigen gesellschaftspolitischen Impulsen stärkt das Festival das persönliche Selbstvertrauen.

Im (Motto gebenden) "Namen der Liebe“ zeigte das Kasino am Schwarzenbergplatz die gleichnamige Produktion mit Peter Turrini, der sich sofort in die idance company verliebte, wie er betont. Seit einem Jahr unterstützt Turrini die "idancer“ und deren Leiterin Beata Vavken, professionelle Tänzerin mit Ausbildung an der Wiener Staatsoper. Als Intendantin des Festivals betreut sie eine bunte Truppe. Zusammen mit Claudia Sack, ebenfalls Tänzerin sowie Pädagogin, entwickelte Vavken aus Renato Zanellas Projekt "off ballet special“ (zusammen mit dem Verein "Ich bin o.k.“) eine eigene Company mit Gastchoreografen wie den ehemaligen Staatsopernsolisten Jolantha Seyfried und Wolfgang Grascher, mit Eleven sowie Tänzern mit Down-Syndrom.

Hoffnung und Lebensfreude

Eine davon ist Magdalena Tichy, 20 Jahre jung, sie tanzt und schreibt Gedichte, die unter dem Titel "One Night Stand with God“ am 9. März an der Wiener Kammeroper aufgeführt wurden. Tichy thematisiert darin die Ängste und Bedürfnisse von Jugendlichen, bringt Hoffnung und Lebensfreude ins Spiel und tanzt selbst - ihrem Vornamen entsprechend - Maria von Magdalena, die Patronin der Frauen. Die Darsteller kämpfen in ihrer Arbeit gegen eine Welt, die sie kaltzustellen versucht und in Nischen drängt. Doch Behinderung darf nicht unsichtbar gemacht bzw. versteckt werden.

"Talent und/oder Behinderung“ gilt als zentrale Frage, die weder geleugnet noch extra herausgestrichen wird; hier wird darüber hinweggetanzt. Auf unterschiedliche Weise drücken diese Ausnahmekünstler ihre Emotionen aus, in der Leichtigkeit von Bewegung und zugleich in der Kontrolle strenger Choreografien.

Das gilt auch für "Oui - non“, eine Produktion mit Künstlern aus Gugging, wo bereits eine lange Tradition darin besteht, die künstlerische Leistung psychisch beeinträchtigter Menschen in ihrem Wert voll anzuerkennen. Besonders der Arzt Leo Navratil hat eine maßgebliche Rolle für die Akzeptanz der außergewöhnlichen Künstler gespielt. Für "Oui - non“ hat der Gugginger Maler Arnold Schmidt das Bühnenbild gestaltet, der damit ein weiteres Statement für gesellschaftliche Offenheit und Vielfalt setzt.

Als berührender Abschluss des Festivals wurde die Zusammenarbeit der "idancer“ mit Peter Turrini präsentiert. Von 16. bis 18. März fanden die Aufführungen von "Im Namen der Liebe“ statt. Turrini las starke, mutige Texte über die Kraft der Liebe, ihre grenzüberschreitenden Fähigkeiten sowie die Komik erster sexueller Erfahrungen. Diese scheinen durchwegs von Unsicherheit und Tollpatschigkeit geprägt sowie von einer Unbeholfenheit, die "normale“ Pubertierende von jenen mit Down-Syndrom kaum unterscheidet. Turrini gilt nicht als der einzige anerkannte Schriftsteller, den das Schreiben in schwierigen Phasen rettete; viele längst in den Kanon aufgenommene Künstler brachten ihre bedeutendsten Werke in Zeiten tiefster Depression oder Krankheit hervor.

Verbindung von Tanz und Literatur

Beata Vavken thematisiert diese oszillierenden Bereiche, verbindet Tanz und Literatur, hebt die Grenze von Sprache und Körper auf. Zwischen Tango und Jazz, zwischen rosaroter Panther und Xavier Naidoo tanzt die Truppe durch dichte knapp eineinhalb Stunden. Und als am Ende Hildegard Knefs "Für mich soll’s rote Rosen regnen“ gespielt wurde, nahm ein Teil der Zuschauer die Aufforderung ernst und ließ einen Riesenstrauß auf die Bühne fliegen: eine wunderschöne Liebeserklärung und ein emotionales Ende eines Festivals, das bewies, dass Behinderung, Professionalität und künstlerischer Anspruch einander nicht ausschließen.

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