Wer nicht hören will ...

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Die Brennerblockade am 12. und 13. Juni ist nicht nur eine Tiroler Angelegenheit. Sie bedeutet vielmehr eine Bankrotterklärung österreichischer und europäischer Verkehrspolitik, sowie die Demaskierung jener heimischen Ankündigungspolitiker in Wien und Tirol, die seit Jahren den transitgepeinigten Menschen wider besseres Wissen versprechen, daß sie Abhilfe schaffen werden durch die Verlagerung des Schwerverkehrs von der Straße auf die Schiene und durch die Beendigung des Umwegtransits.

Die Wirklichkeit sieht anders aus: In den vergangenen sieben Jahren stieg der LKW-Transit durch Tirol um 43 Prozent, und die Schere zwischen Schiene und Straße öffnete sich weiter. Tendenz steigend. Dies alles trotz des hochgelobten Transitvertrags und anderer Absprachen.

Aber Brüssel kümmert sich wenig um die Befindlichkeit jener, die in engen Alpentälern an Transitrouten wohnen müssen. Knallhart wird einer überzogenen Verkehrsfreiheit das Wort geredet. Immerhin haben die EU-Wirtschaftsminister - natürlich auch der österreichische - beschlossen, den freien Warenverkehr weder selber zu behindern noch Behinderungen über Gebühr zuzulassen.

Auch die Höhe der Brennermaut - bisher das einzig wirksame Regulativ zur Eindämmung des Transitverkehrs - ist Brüssel ein Dorn im Auge, weshalb die EU Österreich jetzt vor den Europäischen Gerichtshof zitiert, was Wirtschafts- und Finanzminister unbedingt verhindern wollen. Gewinnt nämlich die EU, verliert Österreich soviel Mauteinnahmen zu Lasten des Staatshaushaltes, daß es möglicherweise die Maastricht-Kriterien nicht mehr erfüllt. Für die Regierung eine Zwickmühle. Aber die Frage nach dem kleineren Übel dürfte schon längst beantwortet sein: Lassen wir die Tiroler demonstrieren und geben der EU, was sie haben will - inklusive Schwarzem Peter.

Eine grundlegend neue europäische Verkehrspolitik kann nur durch die Demokratisierung der EU erreicht werden. Wer auf Wählerstimmen angewiesen ist, denkt eher an die Forderungen des Wählers. Modelle gibt es bereits. Und erfreulicherweise wünschen immer mehr Europäer mehr Demokratie und weniger Diktat aus Brüssel.

Der Autor war von 1994 bis 1997 Chefredakteur der Wochenzeitung "präsent".

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