Wettlauf um das smarte Speichern

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Für eine nachhaltige Energiezukunft werden Wärmespeicher immer wichtiger: Eine Tagung in Wien beleuchtete innovative Technologien für Gebäude, Industrie sowie Verkehr - und den oft steinigen Weg auf den Markt.

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Für eine nachhaltige Energiezukunft werden Wärmespeicher immer wichtiger: Eine Tagung in Wien beleuchtete innovative Technologien für Gebäude, Industrie sowie Verkehr - und den oft steinigen Weg auf den Markt.

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Um beim Geschirrspülen Energie zu sparen, gibt es so manche Tipps, und eine freudige Nachricht für Abwaschmuffel: So ist das Spülen mit der Maschine heute schon deutlich effizienter als das Abwaschen per Hand. Der wichtigste Tipp gilt daher dem Kauf eines neuen Geschirrspülers: Hier sollte vor allem das Energielabel mit den angeführten Energie-Effizienzklassen beachtet werden.

Sorptive Geschirrspüler zum Beispiel weisen eine günstige Energiebilanz auf. Diese Geräte beruhen auf der Sorptionstechnologie, deren Anwendungen letzte Woche bei einer Tagung über "Kompakte thermische Energiespeicher" in der Wirtschaftskammer Wien diskutiert wurden. "Im Vergleich zu konventionellen Geräten haben wir nachgewiesen, dass sorptive Geschirrspüler um circa 25 Prozent Energie einsparen können", berichtete dort Andreas Hauer vom Zentrum für Angewandte Energieforschung (ZAE) Bayern.

Sparsames Geschirrspülen

Wie aber funktioniert das? Ein konventioneller Geschirrspüler muss zweimal auf 50 bis 60 Grad aufheizen -vor dem eigentlichen Spülvorgang und vor der Trocknung. Ein sorptiver Geschirrspüler hingegen kommt mit einmal Aufheizen durch: Er braucht für die erste Wassererwärmung zwar etwas mehr Energie als ein konventioneller Spüler, kann die dafür nötige Wärme aber auch für den späteren Trockenvorgang speichern. Dafür nutzt er die thermochemische Wärmespeicherung, bei der zwei Stoffe unter Wärmezufuhr getrennt werden. Die getrennten Komponenten können dann beliebig lang gespeichert werden und erzeugen Wärme, sobald sie wieder zusammengebracht werden.

Die geläufigsten Sorptionsmaterialien sind derzeit die Zeolithe, aber auch Kieselerden (Silikagel) und Aktivkohle werden intensiv erforscht. Im sorptiven Geschirrspüler wird der Wärmespeicher geladen, indem ein heißer Luftstrom das in Zeolith-Kügelchen angelagerte Wasser absondert, also "desorbiert". Das getrocknete Zeolith wiederum kann dann Wasserdampf anlagern, also "adsorbieren". Sobald dies geschieht, wird der Speicher entladen, die Wärme abgegeben. Am Ende des Trocknungsvorgangs ist das ganze Wasser wieder im Zeolith angelagert, wie Hauer erläuterte: "Die Bedingungen im Spüler haben sich als sehr geeignet erwiesen, um diese Sorptionstechnologie zu integrieren." Bezieht man die nutzbare Abwärme während des Ladevorgangs mit ein, können damit Speicherwirkungsgrade um 140 Prozent erreicht werden, so Hauer in Anlehnung an die Wirkung einer Wärmepumpe.

Doch kompakte Wärmespeicher sind auch abseits des Haushalts vielversprechend. Wie die vom Innovationsministerium (BMVIT) und dem Institut für Nachhaltige Technologien der Arbeitsgemeinschaft Erneuerbare Energien (AEE INTEC) initiierte Veranstaltung in Wien zeigte, werden sie heute in vielen Bereichen erforscht: zum Beispiel als saisonale Sorptionsspeicher für Gebäude, für effiziente Energiesysteme in Schienenfahrzeugen oder für industrielle Anwendungen, etwa die Wärmerückgewinnung.

Speicher für E-Mobilität

Auch für die Elektromobilität ist Sorption wichtig, denn Elektrobatterien funktionieren am besten in einem eng begrenzten Temperaturbereich. Und mit Hilfe von sorptiven Speichertechnologien können die Batterien sowohl geheizt als auch gekühlt werden. All diese Einsatzbereiche werden derzeit im nationalen Leitprojekt "Tes4seT" untersucht, bei dem österreichische Forschungsinstitute und Industriebetriebe noch bis 2018 in großem Stil zusammenarbeiten. "Diese Kooperation gibt Österreich die Chance auf eine internationale Vorreiterposition in der Entwicklung dieser Wärmespeicher", hofft Wim van Helden von AEE INTEC im steirischen Gleisdorf. Thermische Energiespeicher sind aus einer nachhaltigen Energiewirtschaft jedenfalls nicht wegzudenken: Denn der Wärmebedarf in Gebäuden, Industrie und im Verkehr schwankt ebenso stark wie ein Großteil des Wärmeangebots von der Sonne und aus der Umgebung. Energiespeicher ermöglichen die zeitliche Entkoppelung von Erzeugung und Verbrauch: "Nur mit thermischen Speichern kann eine optimale Abstimmung zwischen Nachfrage und Angebot erreicht werden", betonte van Helden.

Vom Prototyp zum Produkt

Der Ausstieg aus der fossilen Energieerzeugung ist klimapolitisch notwendig, aber die aktuell verfügbaren Speichertechnologien reichen für eine konsequente Umstellung des Energiesystems bis 2050 nicht aus. Deshalb arbeiten weltweit Forschungsgruppen an neuen Technologien, um Wärme kompakter, effizienter und billiger zu speichern. Die Schnittstelle zwischen Forschung und Markt wird hier immer wichtiger, wie Theresia Vogel, Geschäftsführerin beim österreichischen Klima-und Energiefonds, bei der Wiener Tagung zu bedenken gab: "Wir sind konfrontiert mit Prototypen, aber wir brauchen Unternehmer, die diese dann auch in Serie bringen und attraktive Produkte anbieten." Sorptive Geschirrspüler etwa sind seit mehreren Jahren am Markt und heute bereits im mittleren Preissegment angekommen.

Über das Energieforschungsprogramm seien 370 Millionen Euro Förderbudget in mehr als 850 Energie- und Mobilitätsforschungsprojekte investiert worden, berichtete Vogel. Und mit dem "Dialog Energiezukunft 2050" wurde kürzlich ein Konsultationsprozess gestartet, bei dem Experten bis Ende September neue Impulse für die künftige Forschungs- und Energiepolitik Österreichs liefern sollen. Auch die Bürger haben die Möglichkeit, ihre Ideen einzubringen. Ihre Beteiligung ist im Rahmen von Experten-Workshops und auf dem Internetportal www.dialogenergiezukunft2050.at vorgesehen.

In der Strategie für intelligente Energienetze ("Smart Grids") werden Wärmespeicher eine wichtige Rolle spielen: Denn der Wärmebedarf am gesamten Endenergiebedarf liegt hierzulande bei rund 50 Prozent, und die Speichermöglichkeit von Wärme ist im Vergleich zu elektrischem Strom viel kostengünstiger.

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