"Who is who" des 19. Jahrhunderts

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Zum 100. Geburtstag der "Österreichischen Galerie Belvedere": des Biedermeier-Porträtisten Friedrich von Amerling.

Friedrich von Amerling (1803-1887) war der "fashionabelste Maler" der Biedermeierzeit und Porträtist der Wiener Gesellschaft. Wer Rang und Namen hatte, gehörte zu seinen Auftraggebern: Angehörige des Hofes, des Adels und des gehobenen Bürgertums.

Zum 200. Geburtstag des Malers zeigt das Wiener Belvedere 97 Hauptwerke. Zugleich handelt es sich um die zentrale Ausstellung eines besonderen Jubiläums: ImMai 1903 wurde die "Moderne Galerie", die heutige "Österreichische Galerie Belvedere" , gegründet.

Porträts mit Linie und Licht

Die "Karriere" Amerlings begann mit einem Auftrag des Kaisers zu einem Staatsporträt: "Kaiser Franz I. von Österreich im Österreichischen Kaiserornat". Dieses Bild und seine bravouröse Art, "Sein und Schein" des/der jeweils Dargestellten miteinander zu kombinieren, machten ihn neben seinem Empfinden für Schönheit, Farbe, Linie und Licht sowie geschmackvolle Arrangements, die auf die dargestellten Personen Bezug nehmen, zum begüterten, hoch dekorierten Maler.

Er schuf mehr als 1.200 Bilder, die hauptsächlich in Privatbesitz sind. In öffentlichen Sammlungen befinden sich "Amerlings" außer in diversen österreichischen Städten auch in Florenz, Budapest, Brünn, Vaduz, Nürnberg und in Übersee. Zwei Drittel seines Oeuvres schuf er zwischen 1830 und 1850.

Figuren mit Farbe modelliert

Friedrich von Amerling war ein weit gereister Künstler. Seine ersten Reisen führten ihn nach London und Paris, wo er seinen Stil perfektionierte. Zunächst finden sich Einflüsse der englischen Malerei eines Thomas Lawrence, Joshua Reynolds oder Thomas Gainsborough in seinen Bildern. Von Lawrence übernahm er die Art, Figuren mit der Farbe zu modellieren, wobei er eine relativ geringe Anzahl von Farben mit zahlreichen Nuancen verwendete. Die Schwächen Amerlings liegen in der Darstellung der Landschaft und der Wiedergabe des natürlichen Lichts. Also stellte er seine Figuren lieber in geschmackvollen Räumen dar, ließ sie effektvoll posieren. Diese Eleganz macht sie heute noch unmittelbar und ansprechend. Meist blicken die Porträtierten am Betrachter vorbei oder scheinen in Gedanken versponnen zu sein. Das Licht erhält bei ihm einen neuen Stellenwert. Das Bild "Die Morgenländerin" wurde von den Zeitgenossen mit Begeisterung aufgenommen. Licht unbestimmten Ursprungs betont den Umriss der weiblichen Gestalt und macht sie so geheimnisvoller.

Genre- und Bildnismalerei greifen bei Amerling ineinander. Rudolf von Arthaber, ein erfolgreicher Kaufmann, ließ sich mit seinen drei Kindern abbilden. Sie alle trauern um die Mutter der Kinder, deren Porträt vermutlich der kleine Sohn hält. Ein Detail fällt erst auf, wenn man sich mit der Geschichte der Mode und der Familie befasst: Im Hintergrund links hängt scheinbar achtlos ein großes Tuch über dem Sofa. Es ist ein "Wiener Shawl", modisches Accessoire der reichen europäischen Biedermeierdame. Arthaber ließ diese Shawls in Wien erzeugen und verkaufte sie in der ganzen Monarchie. Diesem Gegenstand verdankte er einen Teil seines Wohlstandes. Ähnliche Tücher oder die ebenfalls damals sehr modischen Tischteppiche sind auf anderen Bildern zu sehen.

Amerling bereiste auch Italien, Deutschland, Holland, Norwegen und die Länder des Mittelmeerraumes. Die Sujets für seine Bildnisse von alten orientalischen Männern und hübschen jungen Mädchen in dekorativen Trachten fand er jedoch in Wien.

Chronist seiner selbst

Im Spätwerk werden seine Porträts größer, Kritiker schätzen das handwerklich hohe Niveau, das von ihm - jedoch auf Kosten von Innovationen - gehalten werden kann.

Ein wenig anders zeigt sich der Maler als Porträtist von Künstlerfreunden, wo er durchaus "psychologisch" mit freierer Pinselführung an seine Modelle herangeht - auch als Chronist seiner selbst über einen Zeitraum von fünf Jahrzehnten: 27 Selbstbildnisse sind dokumentiert, 13 davon sind hier zu sehen.

Die begleitende Publikation ist die erste umfassende Monografie zu Friedrich von Amerling.

Friedrich von Amerling

Oberes Belvedere

bis 22. Juni, Di-So 10-18 Uhr

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