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Die letzten zwei Jahre waren nicht leicht für mich. Ein Freund nach dem anderen hat mich zu seinem 50. Geburtstag eingeladen. Es waren launige, meist von der Gästezahl her unüblich groß dimensionierte Feste, bei denen manchen der Eingeladenen ein lindes Erschrecken im Gesicht stand. Und einzelne Gäste, der guten Speisen überdrüssig und des edlen Weines voll, einander zuraunten, sie jedenfalls würden, wenn es bei ihnen so weit wäre, irgendwo unerkannt in einem französischen Bistro sitzen oder auf einer griechischen Insel und sich keineswegs den Freunden, dem Tag, der Einsicht ins Unabänderliche stellen. Manche von uns hatten ja vor 25, 30 Jahren auch Weihnachten ausfallen lassen, waren extra an diesem Tag in ein extra für Weihnachtsverweigerer geöffnetes Beisl gegangen, wo sie Weihnachten feierten, indem sie es ausdrücklich nicht feierten. Es kam dort meist eine merkwürdig rührselige Stimmung auf, weil es eben verdammt schwer ist, sich Weihnachten mit seinem Konsumterror, der ganzen Verlogenheit und so gar nicht anmerken zu lassen; beim Fünfzigsten, den man sich zu ignorieren entschlossen hat, ist es ähnlich, ich weiß, wovon ich spreche, mir steht er nächsten Mai bevor, und mit den Vorarbeiten, ihn nicht zu begehen, habe ich schon begonnen.

Wenn mich selber die Melancholie ankommt, konfrontiere ich mich neuerdings mit einer Statistik, die mir zufällig in die Hände gefallen ist. Wie alt ist eigentlich die Menschheit von heute? Wie hoch ist das Durchschnittsalter aller Menschen, die jetzt leben? 26 Jahre und vier Monate. Dass die Welt immer jünger wird, obwohl wir Bewohner der reichen Kontinente immer älter werden, hat zwei Gründe: Dass in der Dritten Welt so unglaublich viele Kinder auf die Welt kommen - und dass sie sterben, lange bevor sie sich den Luxus leisten könnten, wehmütig über ihr Altern zu grübeln.

Der Autor ist Schriftsteller und Literaturkritiker in Salzburg.

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