Wie ein atemloser Totentanz

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Mit dem minimalistischen Familiengewalt-Horrorfilm "Snowtown" machte der australische Regisseur Justin Kurzel zum ersten Mal vor vier Jahren auf sich aufmerksam. Mit seiner Verfilmung der Shakespeare-Tragödie über den Aufstieg des königlichen Heerführers Macbeth zum König von Schottland durch eine eigenhändig durchgeführte mörderische Intrige, seinen Wandel zum Tyrannen und seinen dramatischen Fall, war Kurzel bereits im diesjährigen Wettbewerb von Cannes.

Kurzels "Macbeth"-Adaption ist in gewisser Weise ein Produkt heutiger Zeit des ständigen Hungers nach Mehr: Gewaltige Bilder, kathartische Monologe, Machtlust als sexuelles Begehren und ganz viel Nebel, aus denen schemenhaft Referenzen an Roman Polanskis meuchelnder "Furie" (1971) und Orson Welles experimentelle Theatralik ragen.

Atemlos, aber auch seelenlos

Überwiegend werktreu übernommen sind die Dialoge, aber Kurzel stößt an seine Grenzen, wenn er Interesse an der Tragödie heuchelt, die er nicht zu differenzieren vermag. Besser funktioniert der Film als exzessiver Blutrausch, als Überwältigungsmanöver, als atmosphärische Hexenjagd. Sein Than von Glamis (Michael Fassbender) strauchelt zwischen Melancholie und fanatischer Erregung, meuchelt sich empor, ist erst Vasall, dann König, immer umgeben von Frauen, vor allem seiner Gattin, Lady Macbeth (Marion Cotillard).

Sie wandelt Kurzel zur Verwirrten mit posttraumatischer Belastungsstörung, nachdem sie ihr Kind verlor. Eine plausible Deutung und die Gelegenheit für Cotillard, den Monolog ihrer Karriere zu halten. Wie ein atemloser Totentanz der (noch) Lebenden wirkt dieser Film. Und ebenso seelenlos.

Macbeth

GB/F/USA, 2015. Regie: Justin Kurzel. Mit Michael Fassbender, Marion Cotillard. Constantin. 113 Min.

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