Klimakonferenzen: "Wie ein Treffen von Alkoholikern"
Ist die Verschmutzung der höher liegenden Atmosphärenschicht die einzige Möglichkeit, die Klimaerwämung zu stoppen? Eine Debatte mit Nachhaltigkeitsexperte Christoph Müller und Harvard-Ökonom Gernot Wagner.
Ist die Verschmutzung der höher liegenden Atmosphärenschicht die einzige Möglichkeit, die Klimaerwämung zu stoppen? Eine Debatte mit Nachhaltigkeitsexperte Christoph Müller und Harvard-Ökonom Gernot Wagner.
Mit seinem Buch "Klimaschock" (Ueberreuter, 2016) hat Gernot Wagner eine interessante Debatte angestoßen: Was, wenn wir die Erderwärmung nicht mit "normalen" Mitteln stoppen können? Mit Wagner diskutiert Klimaexperte Christoph Müller.
DIE FURCHE: Wir erleben derzeit politische, gesellschaftliche Verwerfungen, die unerhört scheinen. Kriege, Terror, Politikversagen. Wird der Klimawandel diesen Trend noch verstärken?
Gernot Wagner: Der Klimawandel ist das globalste Problem. Er verbindet alle Problemfelder, auch wenn wir den Zusammenhang nicht immer in genaue Zahlen fassen können. Wir können nicht sagen, wie hoch der Anteil am syrischen Flüchtlingsdrama ist. So wie wir auch nicht wissen, welchen Anteil das Doping bei den Tour-de-France-Siegen von Lance Armstrong hatte. Aber natürlich hat es eine Verbindung gegeben. Klimawandel ist gedoptes Wetter.
DIE FURCHE: Ist sich die Politik des Problems bewusst?
Christoph Müller: Die Politik ist sich auf einer kognitiven Ebene zumindest teilweise der Problematik bewusst, aber alle bisherigen Erfahrungen zeigen, dass die überwiegend auf der Ebene der Nationalstaaten organisierte Politik nicht die adäquaten Mittel hat, das Problem anzugehen. Klimawandel ist auch Kulturwandel. Henry Kissinger meinte 2009 treffend, dass die politische Organisation der Welt der wirtschaftlichen Organisation der Welt hinterherhinkt.
DIE FURCHE: Aber ist nicht die Politik mit dabei, wenn es darum geht Illusionen zu erzeugen? Wir retten den Planeten, indem wir eine Stunde das Licht abschalten...
Wagner: Das ist die kognitive Dissonanz der Gesellschaft. Für den Klimawandel gibt es oft die typische "grüne" Antwort: weniger konsumieren, weniger Fleisch essen, nicht so viel Auto fahren. Ist es die moralisch richtige Antwort? Ja. Ich selbst bin noch nie mit dem Auto gefahren, bin Vegetarier. Aber macht das einen Unterschied? Nein. Teils kann es sogar ein Schritt zurück sein: "Warum eine CO2-Steuer? Ich fahr schon Rad."
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