Wie geht es weiter, wenn nichts bleibt, wie es war?

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Zwei neue Bücher über die katholische Kirche: Rainer Bucher äußert sich zur "prekären Lage“, ein Band greift die Diskussion um die Pfarrer-Initiative auf .

Man kann es beinahe schon als Ceterum censeo ansehen: Dass die Gemeindetheologie gescheitert sei, argumentiert der Grazer Pastoraltheologe und FURCHE-Kolumnist Rainer Bucher seit Jahr und Tag. Es wundert also wenig, dass er in seinem neuen Buch "… wenn nichts bleibt, wie es war“ diese These weiter ausführt. Bucher äußert sich in dem für ein theologisch vorgebildetes Publikum verfassten Band zur "prekären Zukunft der katholischen Kirche“. Doch wer angesichts solchen Untertitels einen Abgesang erwartet, hat sich getäuscht. Im Gegenteil will Bucher gegen den Kulturpessimismus verschiedener Provenienz im kirchlichen Kontext anschreiben. Ausgangspunkt ist dabei das II. Vatikanum, das er als prophetisch versteht, aber in keiner Weise adäquat rezipiert sieht. Und in diesem Zusammenhang hält er das alleinige Setzen auf die Gemeinde für historisch falsch wie für eine Verengung kirchlicher Möglichkeiten. Im gleichen Atemzug geißelt er die "Communio-Ekklesiologie“, also die Betonung von Kirche als Gemeinschaft, die er als eine Art Kuschelecke darstellt, in der es sich sowohl Liberale wie Konservative in der Kirche bequem machen. Dem entgegen setzt er die Rede vom "Volk Gottes“, das die eigentliche Bahnbrechung des Konzils gewesen sei.

Man versteht Bucher falsch, wenn man ihm Gemeindefeindlichkeit unterstellt. Er wendet sich vor allem gegen einen Sozialform-Konservativismus, der gewachsene Formen der Versorgungskirche perpetuieren will. Dagegen setzt er Beobachtungen, die rechts wie links in der Kirche Missfallen erregen dürften. So versucht er, das Prophetische für die Kirche an jenen zu entdecken, welche deren Angebote nur mehr zu Anlässen wie Geburt, Heirat und Tod wahrnehmen oder gar ausgetreten sind. Und er plädiert engagiert dafür, dass sich die Kirche für neue Sozialformen und Vernetzungen kreativ öffnet. Bucher stimmt da keinen Abgesang auf die territoriale Pfarre an, sondern wirbt für eine Neubestimmung von deren Aufgabe(n). Ähnliches buchstabiert er für verschiedene Bereiche der Kirche durch, in denen seiner Meinung nach die Prophetie des II. Vatikanums längst nicht wirksam geworden ist. Auch wenn Bucher weiß, dass sich in der gegenwärtigen Kirchen(leitungs)lage wenig bewegen wird, löckt er wider den Stachel: Zwischen Priestern und Laien oder Männern und Frauen in der Kirche sowie auf dem Gebiet der Sexual- und Ehelehre stehen längst andere Verhältnisse an. Der Pastoraltheologe plädiert da für ein möglichst kreatives Ausweiten vorhandener Spielräume.

Kirchenreform-Diskussion anhand der Pfarrer-Initiative

Dieser Tage ist auch der Sammelband "Risse im Fundament“ erschienen, der um einen ähnlichen Themenkomplex kreist. Anlass ist die Auseinandersetzung um die Pfarrer-Initiative. Der Herausgeber, der Wiener Dogmatiker Jan-Heiner Tück, hat von Helmut Schüller bis Christoph Schönborn eine illustre Runde versammelt, die Fragen der Kirchenreform engagiert diskutiert. Der Wiener Kardinal trägt seine "fünf Aufmerksamkeiten“ für die Geschiedenenpastoral bei, seine Pastoralamtsleiterin Veronika Prüller-Jagenteufel erläutert das, was in Wien offiziell als Kirchenreform angedacht wird, Erhellendes liefern der Innsbrucker Fundamentaltheologe Roman Siebenrock wie u. a. die Wiener Pastoraltheologen Johann Pock und Paul Zulehner. Ein ausgewogenes Kom- pendium wichtiger Standpunkte.

... wenn nichts bleibt, wie es war

Zur prekären Zukunft der kath. Kirche

Von Rainer Bucher, Echter, 2012

238 Seiten, brosch., e 15,30

Risse im Fundament?

Die Pfarrerinitiative und der Streit um die Kirchereform

Hg. von Jan-Heiner Tück. Herder 2012

236 Seiten, bosch. e 15,40

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