Wie Theater die Welt doch nicht verändert

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10.000 Euro und ein Max-Reinhardt-Pen eines Edelfeder-Herstellers winken dem Sieger des Young Directors Project. Heuer eine enttäuschende Sache.

Es war kein gutes Jahr. Dabei hat die Idee etwas ungeheuer Bestechendes. Seit elf Jahren treten im Rahmen der Salzburger Festspiele junge Theaterrebellen aus der ganzen Welt auf, denen man zutraut, dass sie in Zukunft das Geschehen auf der Bühne mitgestalten werden. Der von Montblanc gestiftete Preis in der Höhe von 10.000 Euro und ein wertvoller Max-Reinhardt-Pen sichern einen guten Start. Im Vorjahr bestand die Reihe aus einer Ansammlung von Aufführungen, die allesamt den Zuseher zum Akteur ummodelten.

Heuer waren Regisseure am Zug, die sich an Stücken versuchten. Zu sehen waren drei vollkommen unterschiedliche Zugänge, das Menschenmögliche auf die Bühne zu stellen, aber zu überzeugen vermochten sie allesamt nicht so recht. Das sollte auch kein Problem sein, denn wenn man Glück hat, sieht man junges Theater in statu nascendi, das vielleicht noch unfertig wirken mag, aber einen Vorschein von etwas Künftigem zu wecken vermag.

Bechtols heimeliges Wirgefühl

Das ist jedenfalls die optimistische Version von Schauspieldirektor Sven-Eric Bechtolf, der, wenn er von seinen geliebten Theaterleuten spricht, ein heimeliges Wirgefühl entstehen lässt. Er pflegt einen aufdringlich zur Schau getragenen Freundschaftskult. Das klingt immerhin noch besser, als wenn der in Sachen Selbstlob so erfahrene neue Intendant Alexander Pereira nicht müde wird, uns mit seinem Ich zu behelligen. Als Kritiker, der sich ohnehin vor Vereinnahmungen hüten muss, bleibt man ausgeschlossen. Das ist auch gut so, bestätigt Bechtolf sogar umgehend auf eine frappierende Weise. Er möchte vom Theater berührt, ins Herz getroffen werden. Und die Kritiker? Sie analysieren, denken, stellen Bezüge her vom Theater zur Welt und wieder zurück und schreiben das auch noch.

Eine fünfköpfige Jury wählte die Preisträgerin: Neben der Festspielpräsidentin Helga Rabl-Stadler und dem Galeristen Thaddäus Ropac kamen neu dazu der Autor Händl Klaus, der Kritiker Peter Kümmel und der Schauspieler August Diehl. Gisèle Vienne, Französin mit österreichischen Wurzeln, bekam die Auszeichnung. Gewiss ist sie jene Kandidatin, die am ehesten versucht, eine eigene Theaterform zu erschaffen. Sie will vor allem rätselhaft sein. Das gelingt ihr mit den durchsichtigsten Mitteln, Verzeihung, den eben nicht durchsichtigen: Nebelschwaden, die geheimnisvoll wabern. Dazu kommen Personen, die offenbar eine Beziehung pflegen, aber welcher Art diese sind, bleibt offen. Zuschauer, mach doch du was aus diesen Vorgaben, alles, was du dir dazu ausdenkst, stimmt schon irgendwie. Aber gerade an diesem Irgendwie hakt die Inszenierung.

Eine Art Ethno-Chic

Dennoch ist die Entscheidung nicht ungerecht. Denn wer waren die Konkurrentinnen? Zum einen war Princess Zinzi Mhlongo mit ihrer Truppe aus Südafrika angereist. Es lässt sich schwer etwas sagen gegen eine Aufführung, die ständig den Begriff "Freiheit“ vor sich herträgt, wenn man wenig später von südafrikanischen Verhältnissen in einer Bergwerksmine hört. Natürlich hat die Regisseurin recht, aber damit hat es sich dann auch. Sie liefert engagiertes Theater mit begeisterten Darstellern, eine Art Ethno-Chic.

"Jakob Michael Reinhold Lenz“ heißt das Stück von der Osttirolerin Cornelia Rainer, die auf Büchner ebenso zugreift wie auf die Aufzeichnungen des Pfarrers Oberlin im Elsass, bei dem Lenz für einige Zeit untergekommen war. Einmal sehen wir Szenen wie aus einem Kostümfilm, dann wieder rückt ein Musiker, der die gesamte Bühne für Trommeleskapaden in Anspruch nimmt, ins Zentrum. Will sie ein karg-strenges Lehrstück zeigen oder doch Avantgarde der sich von Konventionen befreienden Art? Rainer versucht beides, und das ist das Verhängnis.

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