Wie William von Baskerville

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Um unsterblichen Ruhm zu erlangen, müsse man vor allem kosmische Schamlosigkeit besitzen, hat Umberto Eco vor Jahren in einem Essay geschrieben. Inzwischen muss er einen anderen Weg gefunden haben. Denn obwohl der untersetzte Mann mit dem Vollbart und der dicken Brille nie schamlos auftritt, hat er es sowohl als Wissenschafter mit 27 Ehrendoktortiteln als auch als Bestsellerautor zu Weltruhm gebracht. Am 5. Jänner wurde Eco 70 Jahre alt.

Im Alter von 22 Jahren schrieb er an der Universität Turin seine Doktorarbeit über die Ästhetik im Werk des Thomas von Aquin. Anschließend arbeitete er für das italienische Fernsehen, für Zeitungen und Zeitschriften. Als Philosoph, Ästhet und Sprachwissenschafter prägte er die moderne Semiotik. Diese Zeichenkunde untersucht nicht nur Kommunikationsprozesse, sie liefert auch Interpretationsmuster für literarische Werke.

Seine erfolgreiche literarische Arbeit begann erst Ende der siebziger Jahre, doch gleich sein erster Roman, "Der Name der Rose" (1980), wurde ein Bestseller. Es folgten "Das Foucaultsche Pendel", "Die Insel des vorigen Tages" und, kürzlich erschienen, "Baudolino".

Gemäß Ecos Konzept von der Offenheit der Kunst entsteht das Kunstwerk unter Beteiligung des Lesers und gewinnt in jeder persönlichen Interpretation eine eigene Bedeutung - lässt also auch zu, dass ein und dasselbe Werk für die einen ein hochphilosophischer Traktat und für die anderen ein hochspannender Krimi ist. Am besten sei es, wenn der Autor sofort nach Vollendung seines Werkes sterbe. Dann könne er nämlich die Spur des Textes nicht durcheinander bringen, schreibt Eco im Nachwort zu "Der Name der Rose".

Immer wieder hat sich der streitbare Linksintellektuelle auch bei politischen Themen zu Wort gemeldet. So forderte er vor den Parlamentswahlen im Mai 2001 die Italiener - vergeblich - auf, Silvio Berlusconi nicht zum Ministerpräsidenten zu wählen, weil dessen Politik nur die Reichen begünstige. Eco sympathisiert mit den Zielen der Globalisierungsgegner, auch wenn er deren Militanz nicht billigt. Kürzlich veröffentlichte er im deutschen Nachrichtenmagazin Der Spiegel einen Essay über den Umgang mit dem Islam nach den Terroranschlägen vom 11. September: ein flammender Appell an die Vernunft, für Offenheit, gegen Vorurteile und Ignoranz, wie er auch von William von Baskerville hätte stammen können - der Hauptfigur des "Namen der Rose".

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