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Zadek, Virtuos Akademietheater Hinter ihrer freundlichen Fassade tragen die Menschen in Neill LaButes Einakter-Trilogie "Bash", die im Rahmen der Wiener Festwochen im Akademietheater zu sehen war, ein dunkles Geheimnis mit sich. Gleichmütig breiten sie ihre Geschichten aus, bis das Grauen aus den Worten kriecht. Jede von ihnen endet mit einem Mordgeständnis.

Peter Zadeks minimalistische Inszenierung spielt virtuos mit den Nuancen einer, oberflächlich gesehen, gleichgültigen Sprache. Der Schrecken, den die Figuren auslösen, wurzelt in ihrer Normalität. Jovial, anbiedernd und mit fahrigen Bewegungen von Ben Becker verkörpert, erzählt ein Geschäftsmann, dass er sein Baby unter einer Bettdecke erstickte, um seine Karriere nicht zu gefährden. Als wäre es ein großer Spaß gewesen, schildert Uwe Bohms smarter Student den Mord an einem Homosexuellen. Und Judith Engel als naive Zuckerpuppe an seiner Seite brilliert als Figur einer modernen Medea. Als Dreizehnjährige von ihrem Lehrer geschwängert, tötet sie nach Jahren ihr Kind, um es dem Vater zu verweigern. Sie alle stolpern, wie es der Autor ausdrückt, "ihrer jeweils persönlichen Hölle" entgegen.

Annemarie Klinger Castorf, Quälend Museumsquartier, Halle E Knapp ein Dutzend Menschen in einem Vorstadthaus, rund um die Uhr von Kameras beobachtet. Taxi Orange? Weit gefehlt: Frank Castorfs "Die Erniedrigten und die Beleidigten" nach dem Roman von Fjodor Dostojewski bei den Wiener Festwochen.

Fünf Stunden Reality-Show können nicht quälender sein: Castorfs Figuren reden zu einem großen Teil akustisch und inhaltlich Unverständliches, für die paar starken Momente, die es in der eiskalten Halle E des Museumsquartiers gibt, hätte eine Aufführungsdauer von eineinhalb Stunden auch genügt. Dann hätten die grandiosen Darsteller Martin Wuttke als desillusionierter Schriftsteller, Kathrin Angerer als epileptisches Waisenkind, Henry Hübchen als zwielichtiger Fürst, Milan Peschel als dessen kinskihafter Sohn und Irina Potapenko als reizender Teenager wohl so etwas wie ein Stück auf die Bühne gebracht. Das Ergebnis: Ein Publikumsschwund, wie ihn der furche-Kritiker bei einer Premiere noch nie erlebt hat.

Michael Krassnitzer Let's dance!

Museumsquartier, Halle G Wenn man sich schon lange nicht mehr in aller Öffentlichkeit, aber ganz für sich, zu lauter Musik bewegt hat - oder selbiges überhaupt nie getan hat - dann ist man alt. Für alt Gewordene, die schon lange keine Diskothek mehr betreten haben und auch keine Parties mehr besuchen, boten die Wiener Festwochen in der Halle G bei "The Show must go on" wenigstens die Gelegenheit, vermeintlich normalen Menschen beim Tanzen zu Evergreens der Popmusik zuzusehen.

Vermeintlich normal deshalb, weil die sentimentale Anti-Show des Choreografen Jerome Bel selbstverständlich minutiös ausgetüftelt ist. Zu Songs von den Beatles bis zu David Bowie tun 20 Darsteller genau das, was der Refrain der Popnummern verlangt: "Come together" oder "Let's dance". Von den unsäglichen Ausdruckstänzerinnen bis zu den coolen Bücklingen - noch einmal versammelt Bel all jene Typen, die man noch so gut in Erinnerung hat, wenn man in den siebziger und achtziger Jahren jung war. Ein melancholischer Rückblick in die Zeiten vor der Elektronik.

Michael Krassnitzer

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