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Doppelausstellung über Leben und Schreiben des legendären Kaffeehaus-Literaten Peter Altenberg.

Bohemien in Cafés und Hotels, leidenschaftlicher Fotosammler, Zeitungleser und Journalist, begnadeter Schnorrer, Anbeter junger Mädchen an der Grenze zur Pädophilie, urbaner Glorifizierer der unberührten Natur - das sind Facetten der widersprüchlichen Persönlichkeit Peter Altenberg (1859- 1919); dass er auch ein genialer Schriftsteller war, dessen "elementare Absichtslosigkeit" Karl Kraus gerühmt hat, gerät dabei nur zu leicht aus dem Blick. Kaum eines seiner Bücher ist heute in der Form zugänglich, in der er es veröffentlichte, und auf eine Briefausgabe warten wir schon lange vergebens. Sie wäre eine wichtige Ergänzung zu den publizierten Skizzen, denn schließlich hat gerade Peter Altenberg in einem seiner in rührend unbeholfenem Englisch verfassten Briefe bekannt: "My letter is my soul".

Dem Phänomen Peter Altenberg sind derzeit in Wien zwei Ausstellungen gewidmet. Das Jüdische Museum zeigt die biografische Entwicklung des Kaufmannssohnes Richard Engländer zur Künstlerfigur Peter Altenberg im "Wiener Klima von äußerer Gemütlichkeit und starkem Antisemitismus". Die Ersetzung des deutlich als jüdisch erkennbaren Namens durch eine christlich-germanisierende Künstlermaske, oft zum Markenzeichen PA verkürzt, markiert die fragile Situation jüdischen Selbstverständnisses am Ende der Monarchie.

Juden und "echte" Wiener

Altenberg, der "altbekannte antisemitische Vorurteile wiederholte, in der Hoffnung, sich damit den echten' Wienern einzugliedern" und der arrivierte Juden, besonders in der eigenen Familie, ablehnte, wie es in den Begleittexten der Ausstellung heißt, ist eine Schlüsselfigur jener legendären Gesellschaftskultur, der das Kaffeehaus "Philosophie und Lebensform in Einem" (Alfred Polgar), Ort der Geborgenheit und der sozialen Therapie war.

Kürze als literarischer Wert

Das Schreiben Peter Altenbergs steht im Mittelpunkt der Ausstellung des Wiener Literaturhauses; in ihren Vitrinen sind zahlreiche Zeitungstexte des Autors zum ersten Mal seit ihrer Veröffentlichung zugänglich und lesbar. Außerdem wird der Weg vom Einfall zur Kürze und Konzentration des geschriebenen Textes nachvollziehbar und Beispiele der umfangreichen Korrespondenz machen literarische wie private Bezüge deutlich. Bei der Eröffnung entmythologisierte der deutsche Schriftsteller Burkhard Spinnen die Kultfigur Peter Altenberg, um die Aktualität seiner Literaturauffassung - prägnante Kürze als Garant für literarischen Wert - gegen die derzeitige Konjunktur des Romans in den Mittelpunkt zu stellen.

Viel Material aus der Doppel-Ausstellung wird in einem reich illustrierten Begleitbuch präsentiert, dessen Essays Biografie, Zeitumstände sowie soziale und literarische Bezüge Peter Altenbergs nachzeichnen, um Urteile und Wertungen jedoch gelegentlich einen weiten Bogen machen.

Peter Altenberg

Extracte des Lebens

Bis 27. April. Jüdisches Museum Wien So-Fr 10-18, Do 10-20 Uhr

Peter Altenberg - EINEM SCHRIFTSTELLER AUF DER SPUR

Bis 27. April. Literaturhaus Wien

Mo u. Mi 9-17, Do 9-19, Fr 9-15 Uhr

Peter Altenberg

Extracte des Lebens

Einem Schriftsteller auf der Spur

Von Heinz Lunzer und Victoria Lunzer-Talos, Residenz Verlag 2003,

224 Seiten, zahlreiche Illustrationen, Subskriptionspreis in der Buchhandlung des Jüdischen Museums während der Ausstellung: e 24,90

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