Wir entwickeln uns zurück

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Einer neuen Umfrage zufolge hält Österreichs Jugend mehr von Sport als von Mozart. Eh klar, werden Sie sich gedacht haben. Dass aber 95 Prozent der Jugendlichen noch nie im Theater waren und mit klassischer Musik nicht viel anfangen können, ist in einem selbsternannten und sich selbst immer wieder feiernden "Kulturland“ erstaunlich. Verantwortungsbewusste Künstler und Manager stimmt das jedenfalls nachdenklich.

"Wenn wir nicht haben wollen, dass in dieses Haus eine McDonalds-Filiale einzieht, dann muss etwas getan werden; nicht nur beim Kulturverständnis sondern auch beim Bildungssystem“, appellierte der Generalmusikdirektor der Staatsoper, Franz Welser-Möst, im Kulturmagazin Highlights an die Politiker. Die sind freilich an den Orten der Hochkultur, die sie als lästiges und viel zu kostenintensives Erbe betrachten, kaum noch anzutreffen.

Das Schul- und Bildungssystem ist schon seit geraumer Zeit von Chaos und Zerfall bedroht. Nikolaus Harnoncourt hat immer schon darauf hingewiesen, dass es nicht um Ausbildung, sondern um Bildung geht. Unser ganzes System orientiert sich nur noch daran, wie man so schnell wie möglich Karriere macht, und wie man es auf einfachstem Weg zu möglichst viel Geld bringt. Gefühle, Werte, historisch gewachsenes Wissen und Sprache haben keine Priorität mehr. Die armseligen Figuren, die sich heute auf unseren politischen und sonstigen Bühnen lächerlich machen, sind bereits Produkte dieser einseitigen und nur auf Rationalität ausgerichteten Erziehung.

"Einstein wäre nicht Einstein geworden, wenn er nicht Geige gespielt hätte.“ Davon ist Harnoncourt überzeugt. "Den Schlüssel zur Emotion hat die Kunst. Ohne Kunst ist der Mensch ein Gorilla“, resümierte der Dirigent. Wir haben den Weg zu unserer Rückentwicklung beschritten. Es ist höchste Zeit zur Umkehr.

* Der Autor ist Kulturmoderator beim Privatsender ATV

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