Thomas Bernhard - © Foto: picturedesk.com / SZ-Photo / Brigitte Hellgoth

"Wir haben ihn halt sehr verehrt"/Thomas Bernhard - der 10. Todestag

19451960198020002020

Thomas Bernhard war Österreich zeitlebens in einer intensiven Haßliebe verbunden. Michael Krassnitzer zum 10. Todestag von Thomas Bernhard.

19451960198020002020

Thomas Bernhard war Österreich zeitlebens in einer intensiven Haßliebe verbunden. Michael Krassnitzer zum 10. Todestag von Thomas Bernhard.

Werbung
Werbung
Werbung

Der Bundespräsident - ein "Lügner", der Bundeskanzler - ein "Vorstadtpopanz": Zitate wie diese verwandelten den Zuschauerraum des Burgtheaters in einen Hexenkessel. "Heldenplatz", abschließender Höhepunkt des dramatischen Schaffens von Thomas Bernhard, sorgte 1988 für frenetischen Szenenapplaus ebenso wie für wütende Buh-Rufe.

Am 12. Februar 1989 starb Thomas Bernhard an einem Lungenleiden. Er, der vom führenden Boulevard-Medium Österreichs zum Staatsfeind Nummer eins erklärt, der 1968 anläßlich der Verleihung des österreichischen Staatspreises für Literatur an ihn vom damaligen Unterrichtsminister brüskiert worden war, verfügte in seinem Testament ein Aufführungsverbot seiner Stücke in Österreich. Dieses Verbot wurde kürzlich aufgehoben, trotz vieler, vor allem von anderen Schriftstellern vorgebrachter prinzipieller Bedenken. Das Publikum jedenfalls ist der umstrittenen Entscheidung dankbar. Denn die posthume Vereinnahmung durch die österreichische Öffentlichkeit, die Bernhard im voraus geahnt und gefürchtet hat, ist in vollem Gange. Anläßlich des zehnten Todestages erscheinen zahlreiche Publikationen über den großen österreichischen Schriftsteller (siehe Egyd-Gstättner-Text nebenan).

Thomas Bernhard war Österreich zeitlebens in einer intensiven Haßliebe verbunden. Am 9. Februar 1931 in Heerlen (Holland) als lediges Kind geboren, verbrachte er seine Kindheit und frühe Jugend in zuerst katholisch, dann nationalsozialistisch geführten Internaten (nachzulesen in dem seinerzeit zensurierten Roman "Die Ursache", 1975). Das prägte ihn, Österreich charakterisierte er als "durch und durch katholisch und nationalsozialistisch", vor allem in "Auslöschung" (1986) und natürlich "Heldenplatz" Seine schwere Lungenkrankheit - im Alter 19 Jahren lag er schon im Sterbezimmer der Lungenabteilung des Salzburger Krankenhauses - ist die zweite Erfahrung, die sein Leben entscheidend beeinflußte.

Wiederholung und Überspitzung, zugleich aber allerhöchste sprachliche Präzision, wurden zu Thomas Bernhards Markenzeichen. Die Helden seiner Romane und Dramen sind allesamt schrullige Einzelgänger, gescheiterte Existenzen, die sich in schier endlosen Monologen ergehen. Menschen, die wohl so manchen Zug des Dichters selbst tragen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung