Wir sehen, wen wir wählen"

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Worauf es bei TV-Konfrontationen besonders ankommt und was man vom Kandidaten der US-Demokraten, Obama, lernen sollte.

Die Rede von Barack Obama am Nominierungsparteitag von Denver hat aufgezeigt, wie Fernsehen funktioniert: In einem regelmäßigen dramaturgischen Bogen baute Obama sein Thema zunächst kurz sachlich auf, dann kommt ein heftiger emotionaler Griff ans Herz der Zuseher und schließlich folgt der Höhepunkt, die "punch line": Also etwa so: "Unser Land kann mehr, als dass ein Mann aus Indiana die Maschinen, an denen er mehr als 20 Jahre gearbeitet hat, zusammenpackt und nach China schickt. - Diese Wahl ist die Chance, den amerikanischen Traum am Leben zu lassen. - Acht Jahre Republikaner sind genug." Inhalt dieser hier verkürzten Passage: Der Wirtschaft geht es schlecht. Emotion ist alles, Vorschläge zur Verbesserung kommen kaum vor. Aber so findet man Herz und Gefühl der Zuseher. Und eines stimmt allemal: Es heißt fernsehen, nicht fernhören, und schon gar nicht ferndenken.

Dazu kommt, dass Erfolg im Medium Fernsehen auch sehr viel damit zu tun hat, die Erwartungshaltung des Publikums zu treffen. In den USA sind die sogenannten "sound bites", also die Statements der Politiker in den Nachrichten, nur mehr wenige Sekunden lang. Bei uns sind längere Diskussionen auch selten geworden, aber das ohnehin ältere TV-Publikum hört schon ein paar Minuten hin. Vor allem aber bilden sich Zuseher und auch Journalisten ihr Urteil über Fernsehduelle über die äußere Erscheinung und die Wirkung der Kandidaten, weniger über die Schlüssigkeit ihrer Konzepte.

Wer punktet womit?

Was heißt das nun für die bisherigen ORF-Diskussionen? Die größte Überraschung war Jörg Haider, der mit dem Wechsel zwischen sachlicher und emotionaler Ebene seine Gegner immer verunsichern konnte. Haider ist aber nicht altersmilde geworden, sondern agiert strategisch wie eh und je. Der Chef des BZÖ will ja nicht in die künftige Bundesregierung, er will einen Zwischenwahlkampf für Kärnten führen. Also gibt er nicht den kämpferischen Oppositionellen, sondern den Landesvater. Dieser Zugang hat Heinz Christian Strache offenbar auf dem falschen Fuß erwischt. Den Landeshauptmann, der in einer anderen Liga spielt, hat Strache nie in den Griff bekommen. Dazu kam, dass Strache unter der Trennung von seinem Vorbild offenbar noch immer leidet und eine Nervosität ausgestrahlt hat, die im Gegensatz zu seinen markigen Worten stand. Das verzeiht das Fernsehen nicht.

Alexander Van der Bellen hat das ruhige oder träge Agieren der Grünen im Duell mit Werner Faymann wenigstens phasenweise abgelegt. In diesem Duell hat jeder seine Klientel optimal angesprochen. Faymann wiederum wollte sein Plakat "Genug gestritten" unterstreichen. Er sei mit allen Parteien zu jedem Gespräch bereit, wenn es nur den Menschen hilft, so seine Botschaft. Vizekanzler Wilhelm Molterer verlangt dem Analysten die größte Denkaufgabe ab. Niemand, nicht einmal der überzeugteste Gegner der ÖVP, würde Molterer höchste Sachkenntnis absprechen. Aber kann man im Fernsehen damit punkten? Die Chance Molterers liegt darin, die Zuseher davon zu überzeugen, dass die wirtschaftliche Zukunft und die außenpolitische Lage so schwierig sind, dass einfache Lösungen, wie sie eben ins Fernsehen passen, nicht reichen. Verlässlichkeit statt Verführung.

Dazu kommt, dass wir Österreicher den Chef unserer Regierung nicht persönlich wählen. Deshalb sollten die Zuseher bei den kommenden Gesprächen auch darauf achten, wer es am besten schafft, den Konnex zwischen seiner Person und seiner Partei herzustellen. Die Wahl wird wohl sehr stark vom Fernsehen beeinflusst werden. Das ist dann in Ordnung, wenn sich die Zuseher klar machen, wie sehr sie von Stimmungen, Emotionen und unbewussten Signalen geleitet werden. Denn dann können sie sich auch dagegen wehren.

Der Autor ist Kommunikationsberater und Verfasser des Buches:

HÖR. MIR. ZU. Drei Schritte ins Jahrtausend der Kommunikation. Verlag Ecowin. Wien 2008, 192 S., geb., 22 €

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