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Das Motto der Leipziger Buchmesse erinnert an die Zeit der Wende. Impressionen vom größten Literaturfestival Europas

Wenn man sich vom durchschnittlich hässlichen Frankfurter Hauptbahnhof zu Buchmessezeiten Richtung S-Bahn durchschlägt, erkennt man die aus der ganzen Welt angereisten Branchenvertreter von weitem. Setzt man sich vor dem Leipziger Bahnhof, einem der schönsten in Deutschland, in die Straßenbahn zu dem 1998 eröffneten Messezentrum, trifft man zuerst auf Schulklassen. "Ich war schon auf zwei Messen", verkündet eine Schülerin. Frankfurt ist die Handelsmesse des Buchgeschäfts, Leipzig hat sich immer als Publikumsmesse definiert, die zum Lesen und Bücherkaufen anregen will. Und die Jugend hat dabei ihren besonderen Platz: Über 300 Veranstaltungen für Kinder und Jugendliche standen diesmal auf dem Programm, ein Viertel der vergrößerten Ausstellungsfläche war den jungen Lesern gewidmet, die aus dem Bild der Messe nicht mehr wegzudenken sind.

Europäische Verständigung

Ein wichtiges Signal ist seit 1994 der Leipziger Buchpreis zur europäischen Verständigung. Bei der diesjährigen Eröffnung wurde er der Schriftstellerin und Journalistin Slavenka Drakuli´c für ihr Buch "Keiner war dabei - Kriegsverbrechen auf dem Balkan vor Gericht" verliehen. Die Literaturen der mittel- und osteuropäischen Länder bilden schon lange einen wichtigen Schwerpunkt. Heuer stellten prominente Autoren aus Polen, Lettland, der Ukraine und Albanien Nachwuchs-Schriftsteller vor. Und in der Reihe "Kleine Sprachen, große Literaturen" traten schon zum zweiten Mal Schriftstellerinnen und Schriftsteller von Finnland und Litauen bis Griechenland, Kroatien und Malta miteinander und mit einem interessierten Publikum in Dialog.

Erstmals wurde der Leipziger Buchpreis vergeben. Terézia Moras Roman "Alle Tage", Rüdiger Safranskis Schiller-Biografie und die Übersetzung eines australischen Versgedichtes durch Thomas Eichhorn wurden ausgezeichnet. Am Rand der Messe war auch ein Jubiläum zu feiern: Das Deutsche Literaturinstitut Leipzig, das als einziges Universitätsstudium in Deutschland ein Vollstudium für angehende Autoren anbietet, wurde zehn Jahre alt. Josef Haslinger, Direktor des Instituts, wollte mit einem hochkarätig besetzten Kongress über literarisches Schreiben ein Netzwerk für Schriftsteller-Ausbildungseinrichtungen vorantreiben.

"Leipzig liest", das größte Literaturfestival Europas, fand nicht nur in der Messehalle statt, sondern in 1500 Veranstaltungen in der ganzen Stadt. Natürlich hieß es in diesem Jahr auch "Leipzig liest Schiller", liegt doch dessen Stadt Jena in nächster Nähe. Und seit fünf Jahren hört Leipzig auch - die Stadt ist mittlerweile zum wichtigsten Treffpunkt der Hörbuch-Verlage geworden.

Lafontaine, Oz

Das Buch als Diskussionsauslöser ist immer präsent in Leipzig. Auf dem berühmten "Blauen Sofa" saßen diesmal u.a. Anna Politkovskaja ("In Putins Russland"), Oskar Lafontaine oder Amoz Oz. Sandra Kalniete, die ehemalige Ministerin und eu-Kommissarin Lettlands, die als Eröffnungsrednerin des Vorjahres mit ihrem Vergleich zwischen dem Holocaust und der systematischen Verfolgung der baltischen Völker in der Sowjetunion für Irritationen gesorgt hatte, präsentierte in diesem Jahr die Geschichte ihrer Familie in Buchform.

Leipzig, Messestadt seit dem Mittelalter und Buchstadt seit etwa 500 Jahren, ist vital und charmant. Auch Österreich ist hier immer stärker präsent: 25 Verlage wurden am Österreich-Stand präsentiert, 33 weitere hatten eigene Messestände. Seit 2002 gibt es ein Österreich-Café als Treffpunkt und Veranstaltungsort. Clarissa Stadler, Eva Rossmann, Peter Rosei, Dimitré Dinev und viele andere haben dort gelesen.

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