Pina Bausch - Vollmond - Wilde Wasserspiele: Das Tanztheater Wuppertal Pina Bausch gastierte im Rahmen des Festivals mit „Vollmond“ im Wiener Burgtheater. - © Foto: © Vladimir Lupovskoy

„Wir sind intellektuell, ohne es raushängen zu lassen“

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Bis 7. August findet heuer wieder das Festival ImPulsTanz statt. Die Eröffnungspremiere bot mit Pina Bauschs legendärem Stück „Vollmond“ eine österreichische Erstaufführung.

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Bis 7. August findet heuer wieder das Festival ImPulsTanz statt. Die Eröffnungspremiere bot mit Pina Bauschs legendärem Stück „Vollmond“ eine österreichische Erstaufführung.

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Nach der Eröffnungspremiere am 7. Juli traf die FURCHE Karl Regensburger, Mitbegründer und Intendant des Festivals, und sprach mit ihm über die Auswirkungen der Pandemie, das Altern und warum ImPulsTanz international eine singuläre Rolle spielt.

DIE FURCHE: Wie lässt sich das Programm von ImPulsTanz im Spannungsfeld von elitär und elementar einordnen?
Karl Regensburger: Wir sind intellektuell, ohne es raushängen zu lassen. Unser ganzes Programm ist so aufgebaut. Wir stellen „keine Wände“ auf, sondern laden die Menschen ein, uns auf dieser Reise zu begleiten. Und wir versuchen immer, eine Sprache zu finden, die Inhalte vermittelt. Man muss nicht immer alles verstehen, besser ist, es zu erspüren. Ich habe bei manch anderen Veranstaltungen den Eindruck, dass sie vorgeben, derartig anspruchsvoll konzipiert zu sein, dass man ohne Vorbildung gar nicht folgen kann. So entsteht dann der Eindruck: Je weniger man versteht, umso intellektueller ist es. Von solchen „Blasenveranstaltungen“ halte ich nicht viel, sie verunsichern und dann spürt man die Angst beim Publikum, nur nichts Falsches zu sagen. Bei uns hingegen geht es um Offenheit, wir diskutieren mit unserem Publikum. Oft sind die Enttäuschten dann in Folge die besten Festivalbesucher. Wenn es uns gelingt, mit ihnen ins Gespräch zu kommen und sie erneut ins Theater zu bringen, dann ist das ein besonderer Erfolg.

DIE FURCHE: Letztes Jahr war die Klimakrise ein wichtiges Thema. Kann man heuer einen inhaltlichen Schwerpunkt definieren?
Regensburger:
Die Klimakrise spielt weiterhin eine zentrale Rolle. Etwa bei Akram Khans „Jungle Book reimagined“. Es handelt sich um ein dunkles Stück mit der Kernaussage, dass wir die Klimakrise nicht bewältigen, dass wir untergehen werden. Khan fühlt sich mitschuldig für den Zustand der Welt. Und so hat er die Bühnenmaschinerie umbauen lassen und arbeitet verstärkt mit Projektionen. Dafür braucht man aber wieder mehr Strom, das ist auch nicht unbedingt nachhaltig ... Auch werden Alter und Altern zunehmend zum Thema. Elisabeth Tambwe wirft im musikalisch-diskursiven Format „Salon Souterrain“ einen neuen Blick auf den alternden Körper und stellt neben der „Silberwirtschaft“ und dem neuen Hype um graue Haare die Frage: Was bedeutet es zu altern? Die Choreografin und Performerin Boglárka Börcsök widmet sich in „Figuring Age“ drei über 90-jährigen Ausdruckstänzerinnen, indem sie deren Geschichten im Spannungsfeld von Bewegungs- und Überlebenspraxis präsentiert. Rund um das Altern werden ja richtige Industrien aufgebaut, etwa die Schönheitskosmetik, die eine große Rolle dabei spielt, die natürliche Entwicklung zu verschleiern. Ich glaube, dass es schöner ist, zu akzeptieren, dass man älter wird. Viel interessanter ist jedoch die Frage, wie man das Älterwerden in einen glücklichen Zustand überführen kann. Wenn ständig die Trauer überwiegt, dass man älter wird, dann ist das doch unweigerlich der Weg in die Depression. Das Alter beschäftigt uns aber auch auf andere Weise: Jubiläen erinnern uns, wie schnell die Zeit vergeht. So feiert Wim Vandekeybus heuer sein 35. Jubiläum bei ImPulsTanz. Aus diesem Anlass führen wir „Scattered Memories“ auf, hier kehren viele „alte“ Tänzer wieder zurück. Auch bei Pina Bauschs 2006 uraufgeführtem Stück „Vollmond“ wurden viele Tänzer durch jüngere ersetzt. Und ImPulsTanz findet 2023 zum 40. Mal statt.

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