"Wir sind keine Schlepper!"

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Der auf Seerecht spezialisierte neapolitanische Anwalt Vittorio Porzio zur Strategie der Verteidigung.

Die Furche: Herr Rechtsanwalt, wie sehr sehen Sie diesen Prozess von politischen Einflüssen überlagert?

Vittorio Porzio: Ausgangspunkt für diesen Prozess war ein politischer Beschluss - die Anklage stand unter Druck unseres früheren Innenministers. Ich glaube aber nicht, dass der Prozess heute noch von politischen Interessen überlagert wird.

Die Furche: Was ist dann heute der maßgebliche Vorwurf der Anklage?

Porzio: Die Anklage wirft uns vor, mit der Cap Anamur nur zu dem Zweck in diesen Gewässern gewesen zu sein, um Leute zu retten und die Schwäche der europäischen Einwanderungspolitik aufzuzeigen. Sie glauben nicht, dass wir Flüchtlinge aus Seenot gerettet haben, sondern dass wir Menschen bei der illegalen Einwanderung nach Italien unterstützen wollten - im Wissen, dass wir damit gegen europäisches Recht verstoßen.

Die Furche: Flüchtlinge, die zu Tausenden an europäischen Küsten stranden - lebendig und leider auch immer wieder tot -, müssen doch für die ganze EU ein Thema sein.

Porzio: In unserem Fall hat ein humanitäres Schiff 37 Menschen in Seenot gefunden, und der Kapitän musste diese Menschen retten und in einen sicheren Hafen bringen. Wir können diesen Prozess nur verlieren, wenn an diesem Einzelfall die ganze EU-Flüchtlingsproblematik abgehandelt wird - hier geht es um die Rettung von Menschen vor dem sicheren Tod, und dazu war die Cap Anamur verpflichtet.

Die Furche: Ist Agrigento für einen solchen Prozess der ideale Ort?

Porzio: Das Gericht in Agrigento ist durch seine geografische Lage sehr viel mit Schleppern und anderen, die Geld mit Flüchtlingen verdienen, konfrontiert - wir müssen dem Gericht zeigen, dass es sich bei uns um einen komplett anderen Fall handelt.

Die Furche: Dass Herr Bierdel von diesen Flüchtlingen Geld bekommen haben soll, ist doch völlig absurd.

Porzio: Das ist sowieso klar; andererseits gibt es gegen uns auch den Vorwurf, dass wir damit Geld verdienten, Fotos und Filme an die Medien verkauft zu haben - aber auch das ist natürlich kompletter Nonsens.

Die Furche: Werden Sie gewinnen?

Porzio: Wenn das Gericht wirklich unabhängig ist, und darauf vertraue ich, sehe ich keinen Grund, warum wir verlieren sollten.

Die Gespräche führte Wolfgang Machreich.

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