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Die Tiroler Festspiele sind eng mit dem Passionsspielhaus Erl verknüpft, wo Gustav Kuhn seit1997 die vier Teile des "Ring" herausbrachte, zuletzt 2001 die "Walküre". Da turnusgemäß Passionsspiele stattfinden, wurde die Ring-Tetralogie für 2003 angesetzt. Zwei Zyklen sind im Rahmen der Tiroler Festspiele bereits im Vorverkauf. Heuer wird also mit sogenannten Zwischenspielen nach Kufstein und Wörgl ausgewichen, aber auch kleinere Orte in ganz Tirol werden bespielt.

Gustav Kuhn, Leiter und Gründer der Festspiele, setzt diesmal andere Schwerpunkte. Die "Fledermaus" als leichte Operette wird als Gegensatz zu schwerem Wagner mit den Sopranen Michela Sburlati (Rosalinde) und Paola Antonucci (Adele) unter der Leitung von Maestro Kuhn im Stadthotel Andreas Hofer in Kufstein am 20., 26. und 27. Juli aufgeführt. Weiter kommt am 19. Juli in Kufstein und Telfs Rossinis "Petite Messe Solennelle" zur Aufführung, gepaart mit der Uraufführung von "Komet 93" von Siggi Haider. Das Ensemble Risognanze aus Mailand führt die bereits bei den Schwetzinger Festspielen und den Wiener Festwochen erfolgreiche Kammeroper "Luci mie traditrici" von Salvatore Sciarrino unter Ceccherini in Arno Rabls Regie auf. Zuletzt wird wieder eine Accademia pianistica unter Leitung von Piero Rattalino veranstaltet. Am 28. Juli beschließt die Festspiele das "Zwischenspiel" mit einer Gedenkveranstaltung für den verstorbenen Tiroler Komponisten Werner Pirchner.

Festlich eröffnet wurde mit ei-ner Open-Air-Veranstaltung "Die Mauern von Jericho". Acht Musikkapellen aus der Region setzten zum Sturm auf die Festung Kufstein an. Die Festung blieb standhaft. Alle Kapellen konnten die Musik von Franz Hackl und Andreas Schett rhythmisch punktgenau und marschmäßig umsetzen. An verschiedenen strategischen Punkten, etwa einem Schiff auf dem Inn oder der Befestigungsmauer, suchten sich Musiker mit verstärkten Instrumenten annehmbar in den Sound der Kapellen einzupassen. Natürlich wurde der schneidende Klang der Kufsteiner Heldenorgel ebenfalls in das Spektakel integriert und das Publikum hatte, animiert von einem Moderator, um die Festung zu defilieren. Nach den Begrüßungsreden gab es am Oberen Stadtplatz Cool-Jazz mit hochkarätigen Musikern. Dazu wurde aus dem Buch der Richter über den Fall der Mauern von Jericho rezitiert, ein heutiger Bezug aber bewusst vermieden.

Ganz wollte Kuhn heuer nicht auf Wagner verzichten. Um sein Festspielorchester von Musikstudenten aus Osteuropa, aber auch Italien und Südamerika nicht aus der Übung kommen zu lassen, führte er in einem neuen Kulturzelt in Wörgl kurzerhand "Rheingold" konzertant auf. Da es in Strömen goss, was erheblichen Lärm auf dem Zeltdach verursachte, machte er den Talkmaster, indem er die für das Rheingold erfundenen Wagnertuben vorstellte und die tief hinuntergestimmten Kontrabässe vorspielen ließ, das Sängerpersonal vorstellte und die mythischen Verbindungen erläuterte.

Als der Regen nicht nachließ, wagte es der Maestro trotzdem ("Wir spielen etwas lauter") und gewann. Das Vorspiel mit den Rheintöchtern erklang ganz mythisch langsam und mischte sich mit den Klängen des Naturelements, viel Wasser fließt ja auch im Rhein.

Auch Zampano Kuhn weiß, dass er älter wird und denkt an die Nachfolge. So hatte er sich schon für den kurzen Ring ein rotierendes Dirigiersystem ausgedacht. Tito Ceccherini und Daniel Linton-France durften ihm mehrmals den Dirigentenstab abnehmen, wobei er sich wesentliche Partien wie Vorspiel, Verwandlungsmusiken und die gesamte Schlussszene vorbehielt. Ceccherini machte aber auf sich aufmerksam, indem er die ganze Nibelheimszene mitsamt der Ringverfluchung mit dramatischer Temposteigerung dirigierte und das Orchester souverän führte. Estaunlich, mit welcher Leichtigkeit und Eleganz wieder einmal gespielt wurde.

Bei den SängerInnen stachen Jürgen Linn als höhensicherer Wotan mit Stimmpower, die Fricka der Stefany Goretzko, die mit glutvollem Sopran eine fulminante Wotansgattin hinlegte, und der Fasolt des Xiaoliang Li hervor. Der blendend singenden Andrea Martin mangelte es allerdings an Dämonie für den Alberich. Ebenfalls italienisch besetzt der leidende und zu großer Emphase steigernde Mime des Gennaro Sica. Ein voluminös warmer, ansprechender Alt ist die Erda der Marisa Altmann-Althausen. Clou war das stimmprächtige, rein japanische Rheintöchterterzett.

Der Reigen der Konzerte begann am Sonntag mit einer konzertanten Aufführung von Mozarts früher Oper "Il Re Pasore". Die Leitung hatte der auch als Sänger renommierte Claudio Desderi. Natürlich ließ man die Secco-Rezitative nicht ins Gewicht fallen, auch auf die verworrene Handlung kam es nicht an. Das Orchester spielte spritzig und homogen mit brillanten Holzbläsern und Streichern, die auf vibratoloses Spiel verzichteten. Die teils heroischen Koloraturarien wurden vom hell timbrierten prächtigen Sopran Michela Sburlatis, dem sich luxuriös verströmenden Ko-Sopran Alexandra Zabalas sowie von der leidenschaftlichen, mit dunkel grundiertem Mezzosopran singenden Paola Antonucci gegeben. Von beiden für Mozart ins Feld geführten Tenören konnte Francesco Marcacci mit inspirierter Messa di voce mehr überzeugen als Matteo Lee, der etwas eindimensional mit ansprechendem Timbre aufwartete.

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