Wirtschaft im Zeichen der Weltverbesserung

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Die neue Wiener Wirtschaftsuni eröffnet den Studienbetrieb. Die erste Tagung am Campus widmet sich dem Schwerpunkt der Nachhaltigkeit.

Die Bilder von überfüllten Hörsälen und Studentenandrang sollten nun der Vergangenheit angehören: Mit einer Ansprache von Bundespräsident Heinz Fischer erfolgt am Freitag die feierliche Eröffnung des neuen Campus der Wiener Wirtschaftsuniversität (WU), des derzeit größten Universitätsneubaus Europas. Aufgrund chronischer Platznot ist die Wirtschaftsuni von Wien-Alsergrund in das großräumige Campus-Gelände zwischen Messe und Prater im zweiten Bezirk übersiedelt.

Nach 45 Monaten Bauzeit und einer gigantischen Übersiedlungsaktion, bei der allein 22.000 Laufmeter an Büchern und Zeitschriften transportiert wurden, wird mit dem Wintersemester der Studienbetrieb aufgenommen. Derzeit gibt es an der WU in Wien circa 23.000 Studierende und 1500 Mitarbeiter. Wer durch den Campus wandert, der mit 90.000 Quadratmetern mehr als zwölf Fußballfelder umfasst, sieht sechs Gebäudekomplexe, die jeweils von einem eigenen Architekturbüro geplant wurden. Als Herzstück der neuen Wirtschaftsuniversität sticht das auskragende Gebäude der Star-Architektin Zaha Hadid ins Auge, das als Lernzentrum dient. Inspiriert durch Frank Lloyd Wrights Guggenheim-Museum in New York, führen hier Rampen und Treppen wie in einer Spirale von den Festsälen im Erdgeschoß durch die Bibliothek nach oben.

Nachhaltigkeit und Systemdenken

An der Adresse "Welthandelsplatz 1“ soll die Studierenden aber nicht nur moderne Architektur erwarten, denn der neue Campus ist für die Wiener WU zugleich Anlass für eine Neupositionierung. Dazu zählt etwa die strategische Ausrichtung an Nachhaltigkeit, die kürzlich zur Einrichtung eines neuen Kompetenzzentrums geführt hat. Dieses soll bestehende Forschungsaktivitäten im Bereich Nachhaltigkeitsmanagement bündeln, neue Synergien schaffen und für Vernetzung im Hochschulbereich sorgen.

Nachhaltigkeit steht auch im Mittelpunkt einer internationalen Tagung, die am 7. und 8. Oktober am Campus der neuen WU stattfinden wird. "Nachhaltigkeitsforschung beschäftigt sich mit der Zukunftsfähigkeit von Wirtschaft und Gesellschaft, mit Fragen von Gerechtigkeit und Innovationsfähigkeit sowie mit den dafür erforderlichen Rahmenbedingungen“, erläutert André Martinuzzi, Vorstand des "Institute for Managing Sustainability“ an der WU Wien (siehe auch Interview). "Wir stellen uns damit den Herausforderungen, die sich aus der Frage ergeben, wie am Ende dieses Jahrhunderts zehn Milliarden Menschen ein menschenwürdiges und erfülltes Leben führen können.“

Beispiele für positive Erfahrungen mit nachhaltigem Wirtschaften reichen von den in Bangladesch initiierten Mikro-Krediten, die mittlerweile wesentlich zur Armutsreduktion beitragen, über das erweiterte Engagement von Pharmafirmen bis hin zur Schaffung spezialisierter und hochwertiger Arbeitsplätze für Menschen mit Behinderung. Die Erfahrung der letzten zwei Jahrzehnte hat aber auch gezeigt, dass es keine raschen und einfachen Lösungen für drängende globale Herausforderungen im Bereich Ressourcenverbrauch, Klima- oder Umweltschutz gibt. So wurden Effizienzgewinne durch Rebound-Effekte wieder wettgemacht, beispielsweise bei der Mobilität und beim Spritverbrauch: Die neuesten Autos verbrauchen zwar weniger Treibstoff als ältere Modelle, hingegen haben die zurückgelegten Distanzen zugenommen, so dass der Gesamteffekt eingeschränkt bleibt. Ähnliches gilt auch für den Flugverkehr. Zudem endet freiwilliges Engagement für Nachhaltigkeit häufig dort, wo der globale Wettbewerbsdruck zu groß ist.

Nachhaltigkeitsmanagement bewegt sich daher in einem Spannungsfeld, in dem Widersprüche und Widerstände abzuwägen sind und eine Auseinandersetzung mit den Rahmenbedingungen nachhaltigen Wirtschaftens erfolgen muss. Die aktuelle Nachhaltigkeitstagung an der WU Wien steht im Zeichen systemischer Perspektiven, da diese für den Umgang mit Komplexität und Widersprüchen besonders viel versprechend erscheinen. Diskutiert werden wissenschaftliche Arbeiten, die Nachhaltigkeitsforschung und Systemdenken zu verbinden verstehen. Zugleich werden Erfahrungen aus der Unternehmenspraxis diskutiert.

Generell evaluiert Nachhaltigkeitsforschung nicht nur die ökologischen, sozialen oder kulturellen Auswirkungen von Unternehmenstätigkeit, sondern hinterfragt auch die eigene Wirkung, betont Martinuzzi: "Der Anspruch der Wissenschaft, zur Verbesserung der Welt beitragen zu wollen, ist sicherlich ein wesentliches Merkmal der Nachhaltigkeitsforschung.“

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