Wo bleiben die Christdemokraten?

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Das Thema die "Religionen und Atomkraft“ hat viel mit der Frage zu tun: Wie steht es mit der Christdemokratie? Verstanden als Projekt, christliche Optionen in der Demokratie zur Geltung zu bringen. Die Christdemokratie war einmal etwas Revolutionäres. Der katholische Integralismus vorher konnte mit der Demokratie nichts anfangen, die privatisierte Religionsnutzung heute wenig bis nichts mit Politik. Wo aber steckt sie heute, die Christdemokratie?

Fukushima und seine Folgen helfen zu sehen. Der designierte grüne Ministerpräsident von Baden-Württemberg, Winfried Kretschmann, ist nicht nur Mitglied des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (wie übrigens auch der künftige FDP-Vorsitzende Philipp Rösler), sondern ein Politiker, "den die Gemeinsamkeiten zwischen grüner Theologie und grüner Politik seit Beginn seiner Laufbahn geprägt haben“, so die Süddeutsche Zeitung.

Wie und wo das Christentum, speziell in seiner katholischen Fassung, wieder politisch wird, dieses Problem steht an. Denn es hat Ressourcen, mit der dramatischen Unübersichtlichkeit der Gegenwart umzugehen, und das jenseits von Resignation und Egoismus. Die organisierte Christdemokratie scheint kaum mehr Verbindung zu diesen Ressourcen zu haben, zu sehr hat sie sich auf die schiefe Bahn des Wirtschaftsliberalismus und in die bequeme Couch der Verwaltung des Status quo begeben.

Das vor sich hinleckende Atomkraftwerk in Fukushima stellt die Frage, worauf man vertraut: als einzelner, als Gesellschaft - und wohin man will. Es stellt die Frage nach dem "guten Leben“ und, was man dazu braucht und was nicht. Es stellt die Frage nach einer nicht-totalitären politischen Alternative zur "Kultur des Kapitalismus“. Wann hat die Christdemokratie sich und der Gesellschaft solche Fragen das letzte Mal wenigstens gestellt?

* Der Autor ist kath. Pastoraltheologe an der Universität Graz

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