Wo der Kapellmeister zum Weltbürger reifte

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Joseph Haydns beide Londonaufenthalte stehen im Mittelpunkt einer Ausstellung im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde in Wien.

Wahre Schätze, die im Archiv der Gesellschaft der Musikfreunde im Wiener Musikverein lagern. Immer wieder bietet sich Gelegenheit, einiges davon zu zeigen. In diesem Haydn-Jahr gleich zweimal. Begonnen hat das Archiv seine zweiteilige Ausstellungsserie in diesen Wochen mit einer Dokumentation über jene drei Jahre, in denen der Fürstlich Esterházysche Kapellmeister zum Weltbürger reifte. 37 Monate, vom Jänner 1791 bis Juli 1792 und vom Februar 1794 bis August 1795, verbrachte Haydn in London. Am Beginn seiner ersten Reise war er immerhin schon 59 Jahre alt. Er lernte nicht nur leidlich Englisch, sondern wurde bald zum umjubelten Star. Niemand von Rang, der sich nicht in seiner Anwesenheit sonnen wollte.

Am Beispiel von Erstdrucken, Stichen, Fotografien sowie Ausschnitten aus Haydns grafischer Sammlung wird deutlich, wie rasch er sich in England eingelebt hat. Mehr noch - es wird erklärt, welche Wandlung während dieser Zeit auch sein Schaffen genommen hat. Nicht nur die Größe Londons und die Gastfreundschaft hoher adeliger Kreise erwiesen sich als Katalysatoren, ebenso die in dieser Größe nicht gekannten Orchester und Konzertsäle. Ohne diese Einflüsse wäre vieles von Haydns Spätwerk nicht denkbar. Nicht zuletzt die unter dem Eindruck der damaligen Händel-Rezeption entstandenen beiden Oratorien "Die Schöpfung" und "Die Jahreszeiten".

Hervorragende Auswahl

Weniger die Anzahl als die Auswahl der Objekte und deren Besonderheit sind Kennzeichen dieser von Archivdirektor Otto Biba zusammengestellten Schau. Zwei Exponate ragen besonders heraus: die erstmals ausgestellte, lange verschollen geglaubte Porträtminiatur von Ott sowie das erst seit Kurzem bekannte handschriftliche Werkverzeichnis Haydns. Zu sehen ist Haydns Handschrift übrigens auch bei den von ihm selbst nummerierten Eintrittskarten zu seinen Konzerten. Ein Beweis, wie genau er in geschäftlichen Dingen war. Das lohnte sich, wie allein die Abrechnung seiner beiden Londonaufenthalte zeigt. Von den insgesamt verdienten 24.000 Gulden blieben ihm nach Abrechnung der Fahrtspesen noch stattliche 15.000. Genug, um sich seinen Gumpendorfer Alterssitz exquisit ausbauen zu können.

Haydn in London.

Wiener Musikverein, Ausstellungsaal bis 20. Juni, Mo-Fr 9-18 Uhr, Sa 9-14 Uhr.

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