Wo (Gesprächs-)Sucher landen dürfen

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Seit 1. Dezember gibt es in Wien die "Gesprächsinsel" - ein neues kirchliches Beratungsangebot, für das sich vor allem die Orden der Stadt engagieren.

Telefon gibt es hier keines. Mit Absicht. "Das ist Aufgabe der Telefonseelsorge", sagt Schwester Hemma Jaschke, die gerade ihren ersten Dienst in der "Gesprächsinsel" verrichtet: "Davon wollten wir uns bewusst abgrenzen." Überhaupt wirkt der Raum am Schottenstift im ersten Wiener Gemeindebezirk noch etwas kahl. Schließlich steht das Projekt noch ganz am Anfang. Die Wände sind frisch gestrichen, die spärliche Möblierung wirkt noch etwas fremd in dem Raum. "Es fehlen noch einige Dinge, die das Ganze ein bisschen wohnlicher machen", meint Schwester Hemma. "Schließlich wollen wir eine angenehme Gesprächsatmosphäre bieten."

4 Haupt-, 40 Ehrenamtliche

Dennoch hat die "Gesprächsinsel" ihren Betrieb bereits aufgenommen. Endlich müsste man eigentlich sagen. Endlich, weil eine solche Einrichtung schon seit Jahren geplant war, aber nie umgesetzt wurde. Seit 1. Dezember stehen hier wochentags von 11 bis 19 Uhr Gesprächspartner zur Verfügung, um Hilfesuchenden bei ihren Problemen zu helfen. Neben Schwester Hemma gibt es noch drei weitere hauptamtliche Mitarbeiter, die sich zusammen mit Projektleiter Pater Lorenz Voith um Organisatorisches kümmern. Dazu kommen etwa 40 Ehrenamtliche, die in Schichten den Gesprächsdienst bestreiten.

Kommen kann jeder, unabhängig von Religion, Nationalität, Alter oder dergleichen. Und ungeachtet des Themas. "Natürlich versteht sich die Gesprächsinsel auch als eine Anlaufstelle für Kritik", sagt Schwester Hemma. Aus der Erfahrung ähnlicher Projekte - vor allem in deutschen Städten - wisse man, dass Menschen, die Probleme mit dem Glauben oder mit der Kirche haben, derartige Angebote gerne in Anspruch nehmen. Andere Anliegen reichen von Ehe- oder Familienproblemen über Schwierigkeiten am Arbeitsplatz bis hin zu schlichter Einsamkeit.

Die Gesprächsinsel soll für alle diese Anliegen ein offenes Ohr haben. Allerdings, so stellt Schwester Hemma klar, maße man sich keine fundierten psychologischen Ratschläge an. Man verstehe sich eher als eine Ergänzung zu den bereits vorhandenen Beratungseinrichtungen, an die auf Wunsch weiter vermittelt werden könne.

Eines jener Projekte, die schon Erfahrungsberichte liefern können, läuft seit acht Jahren im Innsbrucker Redemptoristenkloster. Gegründet wurde die Einrichtung damals von dem Mann, der jetzt auch die Gesprächsinsel in Wien leitet: Pater Lorenz Voith. Voith kam vor drei Jahren als Provinzial des Redemptoristenordens nach Wien und brachte das Anliegen einer solchen Einrichtung mit in die Superiorenkonferenz der österreichischen Männerorden.

Auf Initiative der Orden gelang schließlich das, was zuvor 20 Jahre lang nicht realisiert werden konnte. Warum es so lange gedauert hat, weiß niemand. "Pläne gab es immer wieder, aber die sind alle nur Papier geblieben", meint Voith: "Das meiste ist irgendwo in den Schubladen der Diözese liegen geblieben." In Innsbruck sei das einfacher gewesen, weil einfach alles in kleinerem Rahmen stattgefunden habe. In Wien sei das neue Projekt vor allem dem Engagement der Superiorenkonferenz zu verdanken. "Ohne die Mitarbeit der Orden gäbe es die Gesprächsinsel wahrscheinlich bis heute nicht", so Voith.

Vor allem ein Projekt der Orden

In der Tat besteht die Liste der Seelsorger der Gesprächsinsel zu einem Großteil aus Ordensleuten. Vor allem die Steyler Missionare und Missionsschwestern, denen auch Schwester Hemma angehört, und die Redemptoristen sind stark vertreten. Man sei auf die vielen ehrenamtlichen Mitarbeiter angewiesen, meint Voith, sonst sei ein derartiges Projekt nicht machbar. Schließlich fällt durch die hauptamtlichen Mitarbeiter, die aus organisatorischen Gründen unumgänglich sind, sowie durch die Miete, doch einiges an Kosten an. Auch hier beteiligen sich die Orden, indem sie sich die Finanzierung der Gesprächsinsel mit der Erzdiözese Wien teilen.

Pater Erhard Rauch, Generalsekretär der Superiorenkonferenz, sieht in dem Projekt eine Möglichkeit für die Orden, sich mehr in den seelsorgerischen Alltag einzubringen. "Bei großen Projekten wie einer Fußball-Weltmeisterschaft oder einem Papstbesuch haben wir einfach nicht die Kapazitäten, uns groß einzubringen", erklärt er: "In der Gesprächsinsel hat sich eine Möglichkeit ergeben, die von ihren Anforderungen und auch von ihrer Nachhaltigkeit her zur Arbeit der Orden passt."

Nachhaltiges Angebot

Am ersten Tag nahmen immerhin schon vier Menschen das neue Angebot in Anspruch. Man hoffe natürlich auf mehr, meint Schwester Hemma: "Aber dazu müssen wir erst noch bekannter werden." Erfahrungswerte aus anderen Städten geben Anlass zum Optimismus, erzählt sie. Und schließlich sei der wichtigste Schritt schon getan: "Wir haben den Betrieb aufgenommen."

Die Gesprächsinsel befindet sich in 1010 Wien, Freyung 6a, und ist Montag bis Freitag von 11 bis 19 Uhr geöffnet. www.gespraechsinsel.at

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