Wrabetz knüpft neues Bündnis

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ORF-Generaldirektor Alexander Wrabetz befreit sich politisch von der einstigen Regenbogenkoalition. Mit Finanzdirektor Richard Grasl arbeitet er an der Wiederwahl - mit besseren Zahlen in allen Tabellen.

Der unabhängige Stiftungsrat Franz Küberl bringt es gegenüber der FURCHE auf den Punkt: "Erstmals seit langer Zeit ist das Programm des ORF deutlich besser als der Mailverkehr seiner leitenden Mitarbeiter.“ Küberl, Präsident der Caritas, muss es wissen, sitzt er doch seit 13 Jahren im Aufsichtsgremium des ORF.

Selbst wenn man darauf verzichtet, die teils peinlichen Mails als Maßstab für Qualität zu nehmen, ergibt sich ein positives Bild. Küberl: "Bei den Dramen im Nahen Osten und der Katastrophe in Japan zeigt der ORF seine zentrale Stärke, nämlich jene in der Berichterstattung.“ Stimmt: Die Zeit im Bild um 19.30 Uhr erreicht wieder 1,6 Millionen Zuseher. Weil dort internationale Themen dominieren, bleiben Bundesland heute mehr nationale. Mit ähnlichem Effekt: Die Anzahl an Zusehern überstieg die Marke von 1,2 Millionen. Damit nicht genug: "Auch in der Unterhaltung läuft es besser.“ Schnell ermittelt erwies sich als Erfolg, neue Formate bei Magazinen und Unterhaltung hatten ebenso einen guten Start wie etwa Adele Neuhauser als Tatort-Kommissarin. Der - von internationalen Vorbildern übernommene - Themenschwerpunkt hat sich anlässlich des Frauentages bewährt, kam auf 3,7 Millionen Zuseherinnen und Zuseher. Die nordische Ski-WM brachte es auf 3,5 Millionen.

Der ORF ist unter Führung von Generaldirektor Alexander Wrabetz und Finanzdirektor Richard Grasl dabei, "sich aus der Generalkritik herauszuarbeiten“, wie Küberl es zutreffend ausdrückt. Das sei "natürlich die Arbeit vieler guter Leute, die der ORF ja hat“. Aber es ist bemerkenswert, wie das einander offenbar gut ergänzende Gespann Wrabetz-Grasl zuerst die Programm- und jetzt die Finanzdebatte beendete.

Neue Bündnisse im ORF-Wahljahr

Die beiden hatten vor knapp einem Monat (FURCHE 8/2011) in einem an die Stiftungsräte gerichteten Brief stolz berichtet, es sei nach "zwei wirtschaftlich sehr schwierigen Jahren“ gelungen, den ORF-Konzern 2010 "wieder deutlich in die schwarzen Zahlen zu bringen“. Das sei zwar, wie Küberl moniert, erst mit einer millionenschweren Staatshilfe und einer erheblichen Vorarbeit der vorherigen kaufmännischen Direktorin Sissy Mayrhoffer möglich gewesen, aber das Ergebnis zählt. Damit hat sich Wrabetz für den 9. August 2011 - an diesem Tag ist der Generaldirektor vom Stiftungsrat neu zu bestellen - nicht nur die Stimmen der SPÖ gesichert, sondern mit einem weiteren Schachzug auch jene der ÖVP.

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll, zugleich Mentor des früher im selben Bundesland wirkenden ORF-Chefredakteurs Richard Grasl, war kürzlich "voll des Lobes“ über die Arbeit von Wrabetz und Grasl. Anlass, dieses zu äußern, war die Verlängerung des Vertrages für die ORF-Übertragung der "Sommernachtsgala“ in Grafenegg, dem schon traditionellen Auftakt in Österreichs sommerliche Kultursaison. Pröll: "Ein wesentlicher Erfolgsgarant für das Festival ist die mediale Berichterstattung - von Fachzeitschriften bis zur nationalen Berichterstattung und der TV-Übertragung im ORF. Die Vertragsverlängerung ist eine Garantie für die mediale Bühne der Konzertbühne Grafenegg.“

Eine Wahlempfehlung für den 9. August wollte Pröll damit nicht ausgesprochen haben: "Die Politik kann nicht mit Hypothesen arbeiten.“ Aber auffällig ist, wie Erwin Pröll versucht, Fakten zu schaffen, noch ehe sich die ÖVP hinsichtlich des nächsten ORF-Generaldirektors festgelegt hat. Denn noch immer schwebt Gerhard Zeiler, derzeit Chef der RTL-Gruppe, über der Medienpolitik.

Die Regenbogenkoalition ist vorüber

Die Freunde einer Rückkehr Zeilers an die Spitze des ORF ficht dessen Dementi nicht an. Er hat zuletzt gegenüber dem Standard die Einhaltung des Dienstvertrages bis 2015 bestätigten. Doch manche lesen aus der Zusage Zeilers, vor Österreichs Verlegern im Mai über die Zukunft des Fernsehens zu sprechen, heraus, Zeiler würde diese gerne in Österreich gestalten. Vermutungen, dahinter stünde der ÖVP-Parlamentsklub, werden dort in Abrede gestellt.

Wrabetz und Grasl erledigen derweil ihre Hausaufgaben. Nach Kritik durch den Rechnungshof sollen nun bei erfolgreichen Filmproduktionen Fördermittel teils zurückfließen, und zwar für neue Filme, wie Kommunikationschef Martin Biedermann mitteilt. Bilanzverbessernde Strukturmaßnahmen "werden fortgesetzt“, ebenso die Umsetzung des neuen ORF-Gesetzes.

Ob das ORF-Hauptgebäude in Wien saniert oder das Unternehmen an einen neuen Standort ziehen wird, entscheidet "wahrscheinlich der nächste Generaldirektor, wie immer er heißen wird“, sagt Küberl. Er beteilige sich nicht an Personalspekulationen.

Fest steht: Pius Strobl, Architekt der Regenbogenkoalition, die Wrabetz an die Macht brachte, stolperte aus dem ORF hinaus und eröffnet gerade in Wien eine Agentur. Wrabetz hingegen schuf sich inzwischen ein neues Bündnis.

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