Wütender Teenager

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Hamlet setzt sich durch, doch Zadek macht's ihm nicht leicht.

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Hamlet setzt sich durch, doch Zadek macht's ihm nicht leicht.

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Peter Zadek läßt Otto Sander als König Claudius und Eva Mattes als Königin Gertrud, Polonius und Laertes (nach Uwe Bohms Bänderriß bei der Premiere übernahm Barnaby Metschurat auch noch diese Rolle), nicht zu vergessen Rosenkranz und Güldenstern, in seiner Festwochen-Inszenierung des "Hamlet" zeitweise parlieren wie britische Herrschaften in einem der Konversationsstücke von Oskar Wilde. Das wirkt verfremdend und schmälert die Wirkung der Sprache, verstärkt aber den Aha-Effekt von Zadeks Inszenierung. Claudius ist darin zwar Brudermörder, deswegen aber nicht unsympathisch und kein größerer Schurke als viele andere, die den Weg an die Spitze geschafft und sich dabei einen schwarzen Punkt für die Ewigkeit eingehandelt haben. Pech, daß er noch einmal durchgreifen muß. Aber dieser Hamlet stiftet ja auch wirklich nur Unfrieden, er stört die heikle Balance, in der es sich jeder mit jedem und auch mit sich selbst gerichtet hat, was doch nur einer tut, der Gespenster sieht und bei dem im Oberstübchen etwas nicht stimmt. Was bei Hamlet bekanntlich beides der Fall ist.

In dieses Konzept fügt sich Angela Winkler als Hamlet trefflich. Sie ist einmal wütender, stampfender Teenager, dann wieder ein geradezu klassischer Fall von juveniler Schizophrenie, dazwischen momentweise ein junger Mensch mit Durchblick, der ihm aber schnell wieder verlorengeht. Wer weiß, vielleicht hat Hamlet die Geistererscheinung des Vaters geträumt und der Papa ist an einem Wespenstich ins Ohr verschieden, warum muß er auch seinen Mittagsschlaf im Freien halten.

Wäre Angela Winkler stimmlich stärker, würde ihr der Hamlet nicht öfters ins schwarze Loch der Beiläufigkeit absacken, hätte Zadek straffer inszeniert und auf etlichen Firlefanz wie den mit der Pistole fuchtelnden Sicherheitsmann in der Schlußszene verzichtet, wäre dem Bühnenbildner Wilfried Minks etwas Besseres als ein häßlich glänzender Allzweckcontainer aus Alu eingefallen, wäre nicht Hermann Lause ein so lächerlicher Geist und die Friedhofsszene abgesehen von den Momenten Hamlets mit dem Schädel ein Absturz in die gräßlichste Regietheatermanier, könnte man von einer interessanten Hamlet-Inszenierung sprechen. Aber Hamlet setzt sich trotz allem auch diesmal durch. Er bleibt jung, was man von der Regiekunst Peter Zadeks leider nicht behaupten kann.

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