Wunderkind, internationaler Opernstar und Papst-Verehrerin

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Als Senta im „Fliegenden Holländer“ wurde Anja Silja 1960 über Nacht weltberühmt – Wieland Wagner machte sie mit dieser Rolle zum Star und zu seiner Lieblingssängerin. Gerade feierte sie ihr 50-jähriges Jubiläum an der Staatsoper, noch heute tritt sie international auf. In der Opernwerkstatt im RadioKulturhaus erwies sie sich als Fan von Papst Benedikt.

Anja Silja im RadioKulturhaus: Der ausverkaufte große Saal staunt immer wieder über die prononcierten Antworten der Berliner Sängerin, die im Jahr 1960 mit der Senta im „Fliegenden Holländer“ als noch nicht 20-Jährige über Nacht berühmt wurde. Dabei mochte Silja gerade diese Rolle ursprünglich gar nicht. Sie hatte als Wunderkind mit elf Jahren alle Wagner-Partien zu studieren begonnen und schon mehrfach in Bayreuth vorgesungen, als durch eine Absage von Leonie Rysanek die Senta frei wurde. Und ausgerechnet diese Partie hatte sie nicht drauf. Der „Holländer“ sei eine Nummern-Oper mit stimmtechnischen Tücken, und jede berühmte Sängerin gebe als erste Wagner-Rolle die Senta wieder auf. Aber Wieland Wagner machte sie über Nacht gerade mit dieser Rolle zum Star und zu seiner Lieblingssängerin. „Wir haben in knapp sechs Jahren 34 Inszenierungen gemacht. Das ist verdammt viel!“, resümiert Silja.

Hat sie nicht eine Stimmkrise befürchtet, wie damals viele Kritiker prophezeiten? „Ich hab’ es aus Liebe zu Wieland getan, das war mir damals egal!“ Immerhin hat sie gerade ihr 50-jähriges Jubiläum an der Wiener Staatsoper hinter sich: Noch ein Jahr vor Bayreuth, im Mai 1959, lud sie Karajan ein, als Königin der Nacht unter der Leitung von Karl Böhm zu debütieren. Auch Met-Chef Rudolf Bing sang sie vor; doch dann begann ihre Beziehung zu Wieland Wagner – und ihre Karriere nahm den bekannten Weg. „So schlecht kann meine Technik also nicht gewesen sein.“ Heute nennt Anja Silja ihre Beziehung zum verheirateten Wagner-Enkel eine tragische: „Wieland war ein komplexer, sehr introvertierter und pessimistischer Mann, der sich nicht entscheiden konnte und an seiner eigenen Geschichte zerbrach.“

„Ich war für ihn die große Liebe“

Nach dem Tod von Wieland wollte Anja Silja ihre Karriere beenden, denn auch ihr zweiter Lebensmensch, der charismatische und sensible belgische Dirigent André Cluytens, starb kurz nach Wieland. „Ich war für ihn die große Liebe seines Lebens.“ Heute wohnt sie in seinem Haus in Paris und hat auch im sogenannten Charakterfach große internationale Erfolge.

Der dritte Lebensmensch – und Vater ihrer drei Kinder – wurde schließlich ab dem Jahr 1967 der berühmte Dirigent Christoph von Dohnányi. Als dessen Karriere immer steiler nach oben ging, wollte er für seine große Familie (es gibt noch zwei Kinder aus seiner ersten Ehe) eine Hausfrau und „Reisebegleiterin“ – und das war der Silja denn doch zu wenig. Nach der Scheidung begann sie wieder vermehrt international aufzutreten, und heute singt sie etwa in Wien die „Pique Dame“-Gräfin oder die alte Priorin in Poulencs „Die Gespräche der Karmeliterinnen“ an der Scala, pflegt vor allem den Garten – und beschäftigt sich mit den Werken von Papst Benedikt. „Ja, ich habe alle seine Bücher gelesen. Und ich habe mich seinetwegen – und auch wegen der ‚Karmeliterinnen‘ – vor drei Jahren taufen lassen. Dieser Papst verfügt über so ein großes Wissen und strahlt zugleich eine solche Bescheidenheit und Demut aus – ja, ich bewundere ihn wirklich!“

Opernwerkstatt mit Anja Silja

Ö1, So, 16. 8., 15.06–16.30

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