Wunschpartner für die Forschung

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Für die Wirtschaft gilt China schon lange als das neue Dorado. Doch auch österreichische Wissenschafter kooperieren immer häufiger mit Forschern aus dem Reich der Mitte.

Die Internationalisierung von Forschung ist kein neuer Trend. Vor allem für Wissenschaft auf hohem Niveau ist sie gleichermaßen Wesensmerkmal und conditio sine qua non. Bislang blieben grenzüberschreitende Kooperationen aber häufig auf Länder beschränkt, zwischen denen ein geografisches oder kulturelles Nahverhältnis besteht. So verfassen beispielsweise österreichische Wissenschaftler fast die Hälfte ihrer Ko-Publikationen mit Kollegen aus Nachbarländern, vorwiegend aus Deutschland. Zunehmend erstreckt sich das Interesse an wissenschaftlichen Partnerschaften jedoch auch in die Ferne.

Als besonders viel versprechend gilt China. Zwischen 1995 und 2007 verfünffachte das Reich der Mitte seinen Output an wissenschaftlichen Publikationen auf 7,5 % des globalen Gesamtaufkommens. China hat etwa 1700 Hochschulen. Und seit der Neustrukturierung der chinesischen Akademie der Wissenschaften (CAS) wurden im Rahmen des Knowledge Innovation Program (KIP) mehr als zwei Dutzend Spitzenforschungsinstitute aus der Taufe gehoben. Zwar beträgt die Forschungsquote des Landes nur 1,5 % des Bruttoinlandsproduktes. Doch in absoluten Zahlen sind das immerhin mehr als 50 Milliarden Euro. Zudem bietet der ungebrochene Boom in Branchen wie Energie, Infrastruktur und Industrie thematisch zahlreiche Anknüpfungspunkte für internationale Wissenschafter.

Schon jetzt arbeiten etliche österreichische Forscher mit chinesischen Kollegen an Projekten zusammen. Im 7. Rahmenprogramm der EU laufen derzeit 21 gemeinsame Projekte, drei davon werden von österreichischen Einrichtungen koordiniert. Auch der studentische Austausch zwischen Österreich und China läuft auf stabilem Niveau. So studierten im vergangenen Wintersemester 1428 Chinesen in Österreich. Umgekehrt absolvierten im Studienjahr 2009/2010 84 Studierende im Rahmen geförderter Mobilitätsprogramme einen Aufenthalt in China.

Interaktionen zwischen Individuen

Häufig kommen Kooperationen durch das Engagement einzelner Personen zustande. Auf dem internationalen Parkett von Konferenzen trifft man Fachkollegen, lernt sich kennen und baut über die Jahre eine Beziehung auf. So gab Quantenforscher Anton Zeilinger unlängst bekannt, gemeinsam mit China ein Quantenteleportationsexperiment im Weltall durchführen zu wollen. Sein direkter Partner bei der CAS ist zugleich ein ehemaliger Student Zeilingers. Wissenschaftliche Kooperationen sind stets soziale Interaktionen zwischen Individuen. Als solche lassen sie sich nicht erzwingen.

Dennoch können optimale Rahmenbedingungen oder spezielle Programme seitens der Politik ihr Zustandekommen begünstigen. So diskutierte der chinesische Forschungsminister Wan Gang bei einem Österreichbesuch Anfang Oktober mit Wissenschaftsministerin Beatrix Karl mögliche Kooperationen bzw. deren Ausbau. Und im Rahmen der vom BMVIT und Außenwirtschaft Österreich ausgerichteten Austria Tec Week in Shanghai unterzeichnete das Austrian Institute of Technology (AIT) Mitte Oktober eine Absichtserklärung für gemeinsame Forschungsprojekte mit der Chinese Academy of Science and Technology for Development (CASTED).

Konkrete Förderungen für chinesisch-österreichische Forschungsprojekte gibt es beim Wissenschaftsfonds FWF. So werden mit dem chinesischen FWF-Pendant National Natural Science Foundation of China (NSFC) dreijährige Projekte aus der Grundlagenforschung finanziert. Derzeit laufen vier solcher "Joint Projects" mit einem Fördervolumen von einer Million Euro. Zusätzlich veranstalten FWF und NSFC regelmäßig gemeinsame, mehrtägige Workshops, deren Ziel die Anbahnung von konkreten Projekten ist. "China ist es wichtig, Kooperationen auf institutioneller Ebene aufzubauen", sagt Reinhard Belocky, Leiter der FWF-Strategieabteilung Internationale Programme.

Einen wesentlichen Beitrag zum Ausbau der Forschungsbeziehungen leistet das Netzwerk Eurasia-Pacific Uninet (EPU), das von der Universität Salzburg koordiniert wird. Das Netzwerk hat derzeit 141 Mitglieder, darunter 57 aus China und 37 aus Österreich. Von österreichischer Seite sind alle staatlichen Unis, einige Fachhochschulen, die Akademie der Wissenschaften und etliche private Einrichtungen dabei. Neben der Veranstaltung von Konferenzen und Austauschprogrammen sowie der Vergabe von Stipendien und Projektförderungen sind sieben österreichisch-chinesische Forschungszentren der wohl sichtbarste Erfolg der EPU. Diese Zentren sind an chinesischen Universitäten angesiedelt, inhaltlich widmen sie sich beispielsweise dem Tunnelbau, kardiovaskulären Erkrankungen, Umweltschutz oder der Logistik.

Synergien nutzen lernen

Die Aktivitäten der EPU könnten jedoch aufgrund des sinkenden Budgets bald empfindlich ausgebremst werden, befürchtet Präsidentin Brigitte Winklehner. Verfügte die EPU 2007 noch über eine Finanzierung von zwei Millionen Euro, war es vergangenes Jahr nicht einmal mehr die Hälfte. Ende November steht die nächste Budgetverhandlung an. "Die EPU hat sich in den vergangenen 15 Jahren als zuverlässiger Partner für China etabliert", sagt Winklehner. "Es wäre kontraproduktiv, das Engagement jetzt zu reduzieren. Das würde die chinesische Seite nicht verstehen." Grundsätzlich wünscht sich Winklehner ein gemeinsames Auftreten auf höchster politischer Ebene. "Man sollte lernen, Synergien zu nutzen", meint sie. "Wenn einmal eine Delegation der Wirtschaftskammer, dann ein Minister und im nächsten Monat ein Landesrat nach China fahren, stößt das auf wenig Verständnis."

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