Zauberberg ohne Zauber

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Jetzt ist es also fix. Die Festspiele Reichenau dürfen das Südbahnhotel nicht mehr bespielen. Der Eigentümer will es - wie schon seit mehreren Jahren - verkaufen, zumindest aber schließen und dem Verfall preisgeben. Konzepte der Festspiele, die eine Nutzung als Kulturzentrum vorsahen, scheiterten nicht nur an den Finanzen, sondern auch am Desinteresse der Politik. Für das Kurhaus, jenes Jugendstiljuwel, in dem Paulus Manker noch vor einigen Jahren seine "Alma“ spielen durfte, kommt jede Rettung zu spät. Das Dach ist beschädigt. Dem Verkauf des einzigartigen Hauses wurde leichtsinnig zugestimmt. Eine kasachische Investorengruppe versprach die Renovierung, spekulierte jedoch nur auf die großen Grundstückflächen.

Die Eigentümer besitzen nun nicht nur eine Kulturruine, deren Zukunft sich von selbst erledigen dürfte, sondern auch ein schönes Stück Österreich. Wen schert es heute schon, dass sich in den Prunkräumen des Südbahnhotels Arthur Schnitzler zu seinem Schauspiel "Das weite Land“ inspirieren ließ oder Karl Kraus in der Hotelhalle Waffenschieber und Kriegsgewinnler beobachtete?

Bildung ist ebenso wenig gefragt wie geniale Architektur, die mit der Landschaft harmonisiert, und geschichtsträchtige Räume haben in der neuen Ahnungslosigkeit ohnehin längst ausgedient. Wir leben zwar zu einem großen Teil von der Welt von gestern, und sie spielt auch in jene von heute immer wieder hinein und ist Teil unseres Seins. Verantwortungslose Politiker betreiben jedoch einen nicht wieder gutzumachenden Verfall unserer Kultur und löschen damit auch unsere Geschichte aus. Die Ursachen dafür liegen in mangelnder Bildung, fehlendem Feingefühl und skrupelloser Geschäftemacherei. Niederösterreich mag zu Recht stolz sein auf seine zahlreichen kulturellen Initiativen. Was sich am Semmering abspielt, ist eine Schande.

Der Zauberberg hat seinen Zauber verloren. Armes Österreich! Es lebt von seiner Kultur und lässt sie verkommen.

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