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Rückblicke bleiben uns in diesen Monaten nicht erspart. Im März vor 70 Jahren sind Hitlers Truppen in Österreich einmarschiert, im April vor 70 Jahren hat eine Abstimmung den Anschluss besiegelt. Die Haltung der Kirchen war zwiespältig. Die katholischen Bischöfe gaben ihre Anschlussempfehlung heraus, die evangelische Kirchenführung erhoffte ein "Ende der Gegenreformation". Kardinal Innitzer unterschrieb mit "Heil Hitler", um ein halbes Jahr später auszurufen: "Unser Führer ist Christus". Kaum jemand protestierte gegen das deutschlandweite Niederbrennen der Synagogen. Und doch waren die Kirchen bis 1945 ein anerkannter Raum des Widerstands.

Soweit, so ungenau. Bis heute ist es mühsam, genauen Einblick in die Motive der handelnden Personen zu gewinnen. Bis heute liegt ein Schatten auf der Restitution kirchlichen Vermögens, die wie ein Paravent die aufgeschobene Wiedergutmachung für Juden verdeckte. Bis heute schwelt der Konflikt zwischen Katholischer Aktion und jenen katholischen Vereinen, die enteignet worden waren und nach dem Krieg das bischöfliche Wohlwollen verloren hatten.

Es hat 60 Jahre gedauert, bis eine Historikerkommission die Geschichte der dunklen Jahre und deren Aufarbeitung durchleuchten konnte. Sie arbeitete fünf Jahre, und ihr Bericht ist 14.000 Seiten stark. Darin werden auch Schlaglichter auf die Kirchengeschichte geworfen; einzelne Fachleute, wie Erika Weinzierl oder Maximilian Liebmann, haben über das Thema gearbeitet. Was aber aussteht, ist der Mut der Kirchen selbst, sich einer objektiven und umfassenden Aufarbeitung zu stellen - nicht um aus der Position der Nachgeborenen anzuklagen, sondern um der Glaubwürdigkeit heute zu dienen. Nach 70 Jahren wäre es längst an der Zeit, einer kirchlichen Historikerkommission alle Archive zu öffnen, um Jahrzehnte ambivalenten kirchlichen Verhaltens aus dem Zwielicht zu befreien.

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