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An welchem Oktobersonntag die rund 300.000 Tiroler Wahlberechtigten über die Neuzusammensetzung des Tiroler Landtages entscheiden werden — das wissen allein Tirols Landeshauptmann Wallnöfer und ein paar seiner engsten Vertrauten. Die Tiroler Sozialisten wissen es jedenfalls nicht, und darum sind sie und ihre Parteifreunde in Wien mißgelaunt.

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An welchem Oktobersonntag die rund 300.000 Tiroler Wahlberechtigten über die Neuzusammensetzung des Tiroler Landtages entscheiden werden — das wissen allein Tirols Landeshauptmann Wallnöfer und ein paar seiner engsten Vertrauten. Die Tiroler Sozialisten wissen es jedenfalls nicht, und darum sind sie und ihre Parteifreunde in Wien mißgelaunt.

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Denn die Informationslücke über den Wahltermin stellt die geplante Ministerinvasion im Tiroler Wahlkampf in Frage, da gerade im Budgetmonat Oktober die Terminfixierungen der sozialistischen Minister von langer Hand vorbereitet sein will.

Wallnöfer hält auch noch die Bekanntgabe einer zweiten Information zurück: die Kandidatenliste für den Tiroler Landtag. Erst in der zweiten Juliwoche will er mit den Namen der Volksparteikandidaten auspacken. Wie es heißt, sollen sechs der 25 ÖVP-Landtagsabgeordneten ausgetauscht werden.

Stehen weder Wahltag noch VP-Kan-didaten fest, so hat der Wahlkampf doch schon begonnen. Die tiroler Sozialisten haben den Bundeswahl-kampfleiter Dr. Heinz Brantel aus Wien angefordert, daneben bedienen sie sich jener bundesdeutschen Werbeagentur, die zuletzt für die Werbestrategie der SPD verantwortlich zeichnete. Nicht zuletzt haben sie im Rahmen ihres außerordentlichen Parteitages am 20. Juni ein tiroler Regionalkonzept zur Diskussion in die Wahlauseinandersetzung geworfen.

Zwei Tage vorher und aus dem höchst durchsichtigen Grund, den Sozialisten zuvorzukommen, gab Landeshauptmann Wallnöfer in einer Pressekonferenz die Vorstellung der ÖVP über ein Tiroler Raumordnungskonzept bekannt. Ferner will er, so heißt es, noch mit einem Zielprogramm für das „Tirol von morgen“ um die Zustimmung der Tiroler Wähler buhlen.

Die Raumordnungskonzepte als Kampfwaffe der beiden Koalitionspartner in Tirol sind von höchst unterschiedlicher Qualität. Ließen die Tiroler Sozialisten die Grundlagen ihres bruchstückhaften Raumordnungskonzeptes in Linz erarbeiten (ÖVP-Slogan: „Das Linzer Programm der Tiroler Sozialisten“), so bediente sich Landeshauptmann Wallnöfer dazu der Landesregierung. Teilten ferner die Tiroler Sozialisten in ihren raumordnungspolitischen Vorstellungen das Land in einige Zentralräume auf, so will Landeshauptmann Wallnöfer das „heilige Land“ überschaubar wissen. Sechsundfünfzig Kleinregionen, die im Schnitt etwa fünf Gemeinden umfassen, haben Zielvorstellungen erarbeitet, die in den neun Bezirkskommissionen in eine Rangordnung gegliedert wurden. Letzte Entschei-dungsinstanz bleibt eine sogenannte Landeskomimission für Entwicklungsfragen.

Die SPÖ will das Porträt ihres Obmannes nicht groß plakatieren, dennoch hofft man auf den Polit-Appeal der Gallionsflgur. Dr. Saldier gibt sich in Gesprächen betont zurückhaltend, fast kritisch-skeptisch und läßt sich im übrigen gerne in Gesellschaft sozialistischer Minister in Tirol sehen. Nicht ganz zu Unrecht wird seine Unabhängigkeit von der Wiener SPÖ in Tirol arg bezweifelt. Als bislang einziger westösterreichischer SPÖ-Obmann unterstützte er in der Wahlrechtsfrage die Wiener Intentionen, was ihm in Tiroler Kreisen den Ruf eines „Erfüllungsgehilfen der Wiener SPÖ-Zentral-verwaltung“ eingetragen hat und seine Chancen im kinderreichen Tirol beträchtlich mindert. Denn eine Wahlrechtsreform, die nur die Wähler- nicht aber die Einwohnerzahl berücksichtigt, wird in der „ältesten Demokratie des europäischen Festlandes“ heftig bekämpft. Gelingt es der Tiroler Volkspartei, im Sog aktueller und zukünftiger tiroler Unzufriedenheit mit der Politik der sozialistischen Bundesregierung auch noch Dr. Saldier als treuen Paladin Wiens in Tirol darzustellen, dann könnte der Mandatsstand trotz aller Schwierigkeiten gehalten werden. ÖVP-Landeshaupt-mann Wallnöfer (Bekannheitsgrad 94 Prozent) gibt sich derzeit eher skeptisch. Das weiß und fürchtet die Tiroler SPÖ. Denn eine pessimistische Volkspartei ist weit gefährlicher als eine so selbstbewußte wie die des Wahlkampfes vor dem 1. März.

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