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Apartheid an der Uni?

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Schon zu Beginn des kommenden Jahres wählen die Studenten wieder ihre Mandatare in die österreichische Hochschülerschaft Bis dahin soll nicht nur die Wahlzeit von bisher einem auf zwei Tage erweitert werden, es sollen auch schon die ausländischen Studenten an der Wahl teilnehmen dürfen: Das sieht zumindest ein Entwurf vor, den das Wissenschaftsministerium vorgelegt hat.

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Schon zu Beginn des kommenden Jahres wählen die Studenten wieder ihre Mandatare in die österreichische Hochschülerschaft Bis dahin soll nicht nur die Wahlzeit von bisher einem auf zwei Tage erweitert werden, es sollen auch schon die ausländischen Studenten an der Wahl teilnehmen dürfen: Das sieht zumindest ein Entwurf vor, den das Wissenschaftsministerium vorgelegt hat.

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Diese Initiative für die ausländischen Studenten geht auf eine Firnberg-Äußerung am 8. Juni zurück, jenem Tag, an dem Frau Minister Firnberg die Hochschülerschaft als „nicht mehr repräsentativ“ bezeichnet hat. Schon beim Klagenfurter Studententag im Sommer entschieden sich die Studenten in dieser Frage nicht: bei einem Ergebnis von 18:18 verzichtete der ÖH-Vorsitzende Ortner auf sein Dirimierungsrecht, „weil eine so wichtige Entscheidung nicht mit einer so knappen Mehrheit beschlossen werden soll.“ Inzwischen haben sich die Studenten aber nochmals besonnen und zum Firnberg-Entwurf Stellung genommen: In einer Sitzung des ÖH-Zen-tralausschusses am 24. Oktober wurde das Ausländerwahlrecht grundsätzlich bejaht. Es wurde sogar das passive Wahlrecht urgiert, das im Fimberg-Gesetz nicht vorgesehen ist. Deshalb wurde zur Prüfung der Frage durch die ÖH ein Ausschuß eingesetzt, der sich in Zusammenarbeit mit Parlamentariern und Juristen damit beschäftigen und die gesetzliche Realisierung einleiten soll.

Der Antrag stammt übrigens von der Österreichischen Studentenunion, die in dieser Frage den Verband Sozialistischer Studenten links überholt hat. War man im ÖSU-Lager zuerst der Ansicht, die Studenten mögen in einer Urabstimmung selbst eine Entscheidung treffen, so wechselte man innerhalb kurzer Zeit lautlos den Kurs: Gegen eine Urabstimmung protestierte der VSStö. massiv, weil das etwa dasselbe wäre, „als hätte man seinerzeit die Männer darüber abstimmen lassen, ob die Frauen wahlberechtigt sein sollen.“ Jetzt aber ist der ÖSU das aktive V/ahlrecht der ausländischen Studenten zuwenig: ÖSU-Präsident Bittermann hat einen Dreiphasenplan parat, wie er das Wahlrecht für Ausländer geregelt wissen möchte. Die erste Phase sieht die Schaffung eines Ausländerreferates vor, aber noch kein Wahlrecht, und für die Studienkommissionen das aktive und passive Wahlrecht. In der zweiten Phase soll Ausländern, die bereits drei Semester an einer österreichischen Hochschule inskribiert sind, das aktive Wahlrecht verliehen werden und in einer dritten dann auch das passive.

Und wie sehen die ausländischen Studenten ihr Problem? Vielleicht weiß man, woher der Wind weht, wenn man bemerkt, daß die Argumentation der Ausländer der des VSStö. verblüffend ähnlich ist, ohne dabei die Originalität außer acht zu lassen. Auch sie sind gegen eine Urabstimmung unter den Studenten: In einem Flugblatt der „Union ausländischer Studentenvereine In Wien“ wird empört festgestellt: „österreichische Studenten über Grundrechte ihrer ausländischen Kollegen abstimmen zu lassen, ist offensichtlich Apartheidpolitik südafrikanischer Prägung.“

Ohne dabei kleinlich sein zu wollen muß aber festgestellt werden, daß sich die ausländischen Studenten selbst durch Aktionen in letzter Zeit Sympathien verscherzt haben: An etliehen Hochschulen prangen „Schmierereien“, 'in denen mit unübersehbaren Rechtschreibfehlern das Ausländerwahlrecht gefordert wird. Daß dabei die österreichischen Kollegen sehr genau bemerken, welche Prägung die Politik der Ausländer hat und haben wird, steht auf einem anderen Blatt.

Im Moment — besser: In wenigen Monaten — stehen die ÖH-Wahlen vor der Tür und deshalb ist es zu dieser Hektik um das Ausländerwahlrecht gekommen. Gut informierten Kreisen zufolge sollen nämlich die sozialistischen Studenten

Frau Minister Ftonberg gedrängt haben, noch vor den Hochschulwahlen ein entsprechendes Gesetz einzubringen, das Dr. Kreisky selbst erst für nächstes Jahr in Aussicht genommen hat. Denn beim VSStö. gibt man unumwunden zu, daß man sich bei Teilnahme der Ausländer ein erheblich besseres Abschneiden bei den Hochschulwahlen erwartet

Lediglich der Ring Freiheitlicher Studenten blieb bislang bei der strikten Ablehnung des Ausländer-Wahlrechts.

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